Mai 2018 |
180508 |
ENERGIE-CHRONIK |
Nach einem jahrelang andauernden Anstieg geht der Bedarf an Netzreserve erstmals wieder zurück. Wie die Bundesnetzagentur am 30. März mitteilte, hat sie für die kommenden Winterhalbjahre 2018/2019 und 2020/2021 die notwendige Vorhaltung von jeweils 6.600 Megawatt (MW) bestätigt. Im vergangenen Winterhalbjahr 2017/2018 wurden dagegen noch 10.400 MW benötigt. Das entspricht einem Rückgang um fast zwei Drittel.
Allerdings ist der Bedarf noch immer deutlich höher, als vor einem Jahr prognostiziert wurde: Damals war für die beiden kommenden Winterhalbjahre sogar mit einer Bedarfssenkung auf 3.700 MW bzw. 1.600 MW gerechnet worden (170508).
Hauptgrund für den Rückgang ist das ab 1. Oktober beginnende Engpassmanagement an der Grenze zu Österreich, dessen Einführung auf Drängen der EU-Regulierungsbehörde (150907) vor einem Jahr beschlossen wurde (170501). Zugleich wird damit – gegen den anfänglich hartnäckigen Widerstand Österreichs (161102) – die bisherige gemeinsame Stromhandelszone Deutschland-Österreich aufgelöst. Die Bildung eines gemeinsamen Börsen-Strompreises für beide Länder setzt unbeschränkten Stromhandel voraus. Das Engpassmanagement reduziert jedoch die Exporte von Deutschland nach Österreich auf den technisch möglichen Umfang.
Der neue Bedarf entspricht der Leistung, die im vergangenen Winterhalbjahr von inländischen Reservekraftwerken bereitgestellt wurde. Die Hinzuziehung österreichischer oder anderer ausländischer Kapazitäten – zuletzt waren das rund 4.800 MW – ist deshalb erstmals nicht mehr erforderlich. Österreichische Kraftwerke werden aber bis zu 1,5 Gigawatt für "positiven Redispatch" bereithalten.
Trotz der nunmehr eintretenden Entspannung sieht die Bundesnetzagentur noch keine Trendwende. Der Netzreservebedarf könne auch wieder steigen. Als Gründe nannte sie neben der Entwicklung der Kraftwerksstillegungen das "Clean Energy Package", das die EU-Kommission im Dezember 2016 vorgelegt hat (161207). Mit diesem Gesetzespaket wolle die Kommission die Kapazitäten für den grenzüberschreitenden Handel wieder deutlich erhöhen. Zur dauerhaften Senkung des Netzreservebedarfs sei es deshalb notwendig, den geplanten Netzausbau erfolgreich umzusetzen. Ferner müsse der "Redispatch" zur Entlastung von Netzabschnitten (121109) auch grenzüberschreitend mit der notwendigen Sicherheit genutzt werden können.
Die Liste der Reservekraftwerke für das kommende Winterhalbjahr umfaßt
22 Blöcke an 13 Standorten. Dabei handelt sich durchweg um solche Anlagen,
die von ihren Betreibern bei der Bundesnetzagentur zur endgültigen Stillegung
angemeldet wurden, von den zuständigen Übertragungsnetzbetreibern
aber für systemrelevant gehalten werden und deshalb bis auf weiteres in
Bereitschaft gehalten werden müssen:
Betreiber | Kraftwerk | MW | siehe EC |
Uniper Kraftwerke GmbH | Irsching 3 | 375 | |
Uniper Kraftwerke GmbH, Ulrich Hartmann (Irsching) | Irsching 4 | 545 | 130418, 150407 |
Gemeinschaftskraftwerk Irsching GmbH | Irsching 5 GT1 | 282 | |
Gemeinschaftskraftwerk Irsching GmbH | Irsching 5 GT2 | 282 | |
Gemeinschaftskraftwerk Irsching GmbH | Irsching 5 DT | 282 | |
Uniper Kraftwerke GmbH | Ingolstadt 3 | 375 | 140408 |
Uniper Kraftwerke GmbH | Ingolstadt 4 | 386 | |
Steag GmbH | Bexbach | 726 | 161115, 170106 |
Steag GmbH | Weiher III | 655,6 | |
Uniper Kraftwerke GmbH | Staudinger 4 | 580 | 130802 |
EnBW AG - Heizkraftwerk Altbach/Deizisau |
ALT HKW 1 | 433 | |
EnBW AG - Dampfkraftwerk Marbach am Neckar | Marbach III DT | 263,5 | 140106 |
EnBW AG - Dampfkraftwerk Marbach am Neckar | Marbach III GT(solo) | 85 | |
EnBW AG - Dampfkraftwerk Marbach am Neckar | Marbach II GT | 77,4 | |
EnBW AG - Rheinhafendampfkraftwerk Karlsruhe | RDK 4S | 353 | |
Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG | Kraftwerk Mainz KW 2 (Dampfteil) |
255,5 | |
EnBW AG - Heizkraftwerk Heilbronn | HLB 5 | 125 | |
EnBW AG - Heizkraftwerk Heilbronn | HLB 6 | 125 | |
EnBW AG - Kraftwerk Walheim | WAL 1 | 96 | 140106 |
EnBW AG - Kraftwerk Walheim | WAL 2 | 148 | |
Entega AG | GTKW Darmstadt | 94,6 | |
UPM GmbH, Schongau | Dampfkraftwerk | 64 | |
Summe | 6.608,6 |
zum Bedarf an Netzreserve:
zur Engpassbewirtschaftung an der Grenze zu Österreich: