November 2015

151104

ENERGIE-CHRONIK


Starkwind machte Einsatz von Reservekraftwerken erforderlich

Im November gab es eine ungewöhnliche starke Windstromerzeugung, wofür vor allem die Sturmtiefs "Heini" und "Iwan" sorgten. Da die Windkraftkapazitäten hauptsächlich im Norden Deutschlands angesiedelt sind, hat der Stromtransport in Richtung Süddeutschland bzw. Österreich die bestehenden Engpässe, die bereits von der EU-Regulierungsbehörde beanstandet wurden (150907), erneut strapaziert. Zusätzlich zum üblichen "Redispatch" (121109) haben die Übertragungsnetzbetreiber deshalb erstmals die für den bevorstehenden Winter vorgesehene Netzreserve aktiviert – sechs Wochen früher als im Vorjahr, als erst kurz vor Weihnachten eine derart kritische Situation eintrat (150505).

Staudinger 4 und Irsching 5 waren jeweils acht Tage lang im Betrieb

Vom 9. bis 19. November kam die Netzreserve täglich zum Einsatz. Mit jeweils acht Tagen waren der erdgasbetriebene Block 4 des Kraftwerks Staudinger (130802) sowie der Block 5 des Gaskraftwerks Irsching (130418) am längsten am Netz (Irsching 5 fällt offiziell nicht unter die Reservekraftwerksverordnung, dient aber faktisch demselben Zweck). Das Reservekraftwerk Irsching 3 war zwei Tage in Betrieb, die Reservekraftwerke Heilbronn und Walheim (140106) jeweils einen Tag.

Belastungsspitze erforderte Abregelung einer Strommenge von 109.409 MWh

Am 18. November erreichte die eingespeiste Windstrom-Leistung mit rund 32.600 Megawatt (MW) einen neuen Rekordwert (zuletzt lag er Dezember 2014 bei rund 29.000 MW). Davon wurden rund 14.000 MW im nördlichen Teil des TenneT-Netzgebiets eingespeist, das sich von den Alpen bis zur Nordsee erstreckt. Um eine Überlastung der Engpässe zu verhindern, mußten im Bereich der Übertragungsnetzbetreiber TenneT, 50Hertz und Amprion insgesamt 13 Kraftwerke um eine Gesamtstrommenge von 109.409 Megawattstunden (MWh) abgeregelt werden, während im südlichen Teil des TenneT-Netzes und im Gebiet von TransnetBW sieben Kraftwerke sowie die Reservekraftwerke Irsching 5 und Walheim eine Strommenge von insgesamt 37.583 MWh zusätzlich einspeisten (siehe Grafik).

Auch Windkraftanlagen wurden abgeschaltet

TenneT hat außerdem täglich eine Einspeisungsleistung bis zu rund 300 MW aus Windparks direkt abgeregelt. Noch größeren Umfang dürften die Einspeisungskürzungen bei jenen Windkraftanlagen erreicht haben, die auf den unteren Spannungsebenen angeschlossen sind und deshalb von den Verteilnetzbetreibern abgeregelt werden (151109). Im günstigsten Fall – für den Verbraucher, der letztendlich die Entschädigungen für gestoppte Einspeisungen aus EEG-Anlagen bezahlen muß – haben sich Windkraftanlagen wegen zu hoher Windgeschwindigkeiten von selber abgeschaltet.

 

 

Diese Grafik veranschaulicht, wie die Belastungsspitze am 18. November durch die Abregelung von 13 Kraftwerken im Norden und durch das Hochfahren von 9 Kraftwerken im Süden abgefangen wurde (unter letzteren zwei Reservekraftwerke). Die reduzierten bzw. erhöhten Strommengen der einzelnen Kraftwerke bzw. Kraftwerksgruppen – die im Tagesverlauf oft mehrfach und mit wechselnder Leistung angefordert wurden – sind dabei zusammengefaßt.

 

"Versorgungssicherheit nicht akut gefährdet – aber erhöhtes Gefahrenpotential"

Die Übertragungsnetzbetreiber TenneT, 50Hertz, Amprion und TransnetBW nutzten die Gelegenheit, um die Notwendigkeit des Ausbaues der Nord-Süd-Verbindungen im Höchstspannungsnetz zu unterstreichen, deren Kern die vier geplanten Gleichstrom-Trassen sind (151002). "Obwohl die Versorgungssicherheit derzeit nicht akut gefährdet ist, hat sich das Gefahrenpotential für Stromnetze und Versorgung im Vergleich zu vergangenen Jahren aufgrund der zunehmenden Einspeisung erneuerbarer Energien und des Wegfalls konventioneller Kraftwerksleistung deutlich erhöht", hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der vier Regelzonenbetreiber. "Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien vor allem im Norden Deutschlands und durch den Ausstieg aus der Kernkraft sowie die Stillegung weiterer konventioneller Kraftwerke im Süden entsteht ein zunehmendes Nord-Süd-Gefälle zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch in Deutschland. Dies führt, solange das Netz nicht entsprechend ausgebaut ist, zu extrem starken Belastungen des Höchstspannungsnetzes, die besonders in den Wintermonaten bei starker Windeinspeisung in Verbindung mit hoher Last kritisch werden können."

TenneT benötigt mit Abstand die meisten Reservekapazitäten

Von den insgesamt 7.571 MW an Reservekapazitäten, die für diesen Winter gesichert sind (150505), entfällt der weitaus größte Teil mit 4.116 MW auf TenneT. Weitere 2.691 MW stehen TransnetBW zur Verfügung. Amprion hat mit 764 MW einen deutlich geringeren Bedarf. Der ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz braucht überhaupt keine Reservekraftwerke. Die in seinem Bereich angesiedelte Kraftwerksleistung spielt aber eine wichtige Rolle, wenn es erforderlich wird, durch Reduzierung der Einspeisung eine Überlastung der Nord-Süd-Verbindungen zu verhindern.

 

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