Mai 2023 |
230509 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg wies am 17. Mai insgesamt elf Klagen von Stadtwerken ab, die sich gegen die von der EU-Kommission erlaubte Aufteilung des deutschen Energiemarktes zwischen RWE und E.ON richteten. Die jetzt bekanntgegebenen Entscheidungen betreffen nur den ersten Teil des Tauschgeschäfts, mit dem das deutsche Kartellamt und die EU-Kommission dem RWE-Konzern den Einstieg beim E.ON-Konzern und die Übernahme von dessen Erneuerbaren-Stromerzeugung erlaubt hatten. Es ist aber nicht zu erwarten, dass die noch ausstehenden Urteile über die Klagen gegen die anschließende Zerschlagung und Aufteilung der einstigen RWE-Tochter Innogy viel anders ausfallen werden. Zum Teil haben die Luxemburger Richter die Klagen der Stadtwerke schon aus formalen Gründen wie einer angeblich nicht vorhandenen oder zu spät geltend gemachten Betroffenheit zurückgewiesen. Im übrigen sind ihre Urteilsbegründungen ungefähr so dürftig und nichtssagend wie die seinerzeitigen Ausführungen, mit denen Kartellamt und EU-Kommission den beiden Konzernen ihren Besitzaustausch und die kapitalmäßige Verflechtung erlaubt haben. Die Urteile werden verbindlich, sofern die Betroffenen keine Berufung beim übergeordneten Europäischen Gerichtshof einlegen.
Die beiden Konzerne hatten ihren Deal im März 2018 bekanntgegeben (180301). Die offizielle Anmeldung bei den Kartellbehörden in Brüssel und Bonn erfolgte allerdings erst im Januar 2019. Bis dahin verhandelten die Konzerne mit den Wettbewerbsbehörden hinter verschlossenen Türen, um eventuelle Bedenken gegen die geplante Aufteilung des deutschen Energiemarktes schon im Vorfeld auszuräumen. Am 26. Februar 2019 bekam dann RWE vom Bundeskartellamt die Erlaubnis zum Einstieg bei E.ON mit einer Beteiligung von 16,7 Prozent und zugleich von der EU-Kommission grünes Licht für die Übernahme des gesamten Erneuerbaren-Geschäfts der beiden Konzerne (190202).
Am 17. September 2019 genehmigte die EU-Kommission auch den zweiten Teil des Tauschgeschäfts, mit dem sich die beiden Konzerne E.ON und RWE den Energiemarkt in Deutschland und Europa untereinander so aufteilten, dass sie in den wichtigsten Bereichen keine Konkurrenten mehr sind (190901). Zwischen dem grünen Licht für RWE und dem für E.ON bestand dabei von Anfang an ein direkter geschäftlicher Zusammenhang, obwohl die kartellrechtlichen Genehmigungen formal unabhängig voneinander und im Abstand von knapp sieben Monaten erfolgten.
Dreh- und Angelpunkt des Deals war die kurzlebige RWE-Tochter Innogy, die erst 2016 gegründet wurde (161002). Mit der von der EU-Kommission im September 2019 erteilten Genehmigung durfte sich der E.ON-Konzern dieses Unternehmen einverleiben, um es anschließend zu zerschlagen. Dabei übernahm er das umfangreiche Netz- und Vertriebsgeschäft der einstigen RWE-Tochter, während RWE die Erneuerbaren-Sparte zurückbekam. RWE widmet sich seitdem hauptsächlich nur noch der Stromerzeugung und dem Energiehandel, während E.ON das Netz- und Vertriebsgeschäft mit Strom und Gas betreibt. Mit dem Segen der Kartellbehörden verfügen sie seitdem in ihrem jeweiligen Schwerpunktgeschäft über monopolähnliche Marktanteile.