Februar 2021

210208

ENERGIE-CHRONIK


Stadtwerke erweitern ihre Klage gegen das Tauschgeschäft zwischen E.ON und RWE

Die zehn kommunalen Energieversorger, die seit Mai 2020 beim Gericht der Europäischen Union in Luxemburg (EUG) gegen die Genehmigung der Marktaufteilung zwischen E.ON und RWE klagen (200503), haben inzwischen den Umfang ihrer Klage erweitert. Wie die Kanzlei Becker-Büttner-Held (BBH) am 1. Februar mitteilte, greifen sie nun auch die zweite Freigabeentscheidung der EU-Kommission an, mit der diese im September 2019 die Übertragung der RWE-Tochter Innogy an E.ON sowie deren anschließende Zerschlagung und Aufteilung zwischen den beiden Konzernen genehmigte (190901). Ihre erste Klage beschränkte sich dagegen aus prozessökonomischen Gründen vorerst nur auf die im Februar 2019 erteilten Freigaben, mit denen die EU-Kommission dem RWE-Konzern den (Rück-)Erwerb des Erneuerbaren-Geschäfts von E.ON und Innogy ohne Auflagen erlaubte, während gleichzeitig das Bundeskartellamt grünes Licht für die RWE-Beteiligung an E.ON gab (190202).

Der zersplitterte Rest des Marktes kann der Dominanz der beiden Konzerne wenig entgegensetzen

Nach Auffassung der Kläger stellt "die Fusion von E.ON und RWE den Energiemarkt grundlegend auf den Kopf, und zwar auf der gesamten Wertschöpfungskette", erläuterte die Kanzlei BBH. Der RWE-Konzern werde damit zum marktbeherrschenden Erzeuger bei konventionellen wie erneuerbaren Stromquellen, dem kein einziger Wettbewerber das Wasser reichen könne. Zugleich werde E.ON im Bereich Netze, Vertrieb und innovatives Geschäft zur "Herrin der Flächen", dominiere die Endkunden-Märkte für Strom und Gas und habe mit einem in Deutschland mehr als verdoppelten Kundenstamm Zugang zu einer Unmenge an Daten, die für das innovative Geschäft die Grundlage bilden. Der zersplitterte Rest des Marktes könne dem wenig entgegensetzen, da "seine Akteure nicht im Ansatz die Größe, flächige Präsenz und Finanzkraft von E.ON erreichen".

Hat die Kommission zu oberflächlich geprüft oder die Folgen unterschätzt?

Es komme hier also zu einer Konzentration von Marktmacht, die es im liberalisierten Energiemarkt so noch nicht gegeben haben dürfte. Das werfe die Frage auf, ob die EU-Kommission den Sachverhalt nicht umfassend genug geprüft oder die Folgen schlicht unterschätzt habe. Jedenfalls habe sie Im Bereich Erzeugung nicht einmal eine sogenannte vertiefte Prüfung für erforderlich gehalten. Im Bereich Netze, Vertrieb und innovatives Geschäft habe sie zwar diese zweite Phase des Verfahrens eröffnet, sich dann aber mit "nur sehr marginalen Auflagen" zufriedengegeben.

Fusion könnte ganz oder teilweise rückgängig gemacht werden

Wenn das Gericht den Ausführungen der Kläger folge, würden die Freigabeentscheidungen ganz oder teilweise zurückgenommen. Die EU-Kommission müsse dann die Fusion unter aktuellen Marktverhältnissen erneut prüfen, wobei sie je nach rechtlicher Bewertung und Maßgabe des Gerichts unter Umständen daran gehindert wäre, das Vorhaben unverändert freizugeben. Letztendlich bedeute dies, dass die Fusion ganz oder teilweise rückgängig gemacht werden müsste.

 

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