Dezember 2011 |
111206 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) wird bis Herbst nächsten Jahres einen neuen Vorstandsvorsitzenden bekommen. Der derzeitige Chef Hans-Peter Villis ließ am 6. Dezember wissen, daß er nach Auslaufen seines Vertrags im September 2012 nicht mehr zur Verfügung stehe. Villis machte dabei deutlich, daß der Verzicht unter Druck der grün-roten Landesregierung erfolgt: "Aus seiner Sicht kann er nicht mehr vom ungeteilten Vertrauen des Aufsichtsrats ausgehen", hieß es in der Pressemitteilung der EnBW.
Im Gegenzug signalisierte die Landesregierung zwei Tage später, daß sie nun doch bereit ist, die Aufstockung des Eigenkapitals der EnBW um 800 Millionen Euro zur Hälfte mitzutragen (111008). "Die Landesregierung wird darüber mit dem Landtag Gespräche aufnehmen, der darüber letztendlich entscheiden wird", sagte Finanzminister Nils Schmid (SPD) nach einer Sitzung des EnBW-Aufsichtsrats. Die grüne Staatsministerin Silke Krebs ergänzte: "Durch die Kapitalspritze machen wir die anstehenden Schritte hin zu struktureller Stabilisierung und Investitionen in die Energiewende möglich." Schmid und Krebs sind die wichtigsten der fünf Regierungsvertreter im Aufsichtsrat der EnBW (110615).
Der Aufsichtsrat verzuckerte Villis den erzwungenen Verzicht auf eine Vertragsverlängerung mit lobenden Worten für die Leistungen, die er in den vergangenen vier Jahren erbracht habe, nachdem er den exzentrischen Vorgänger Utz Claassen abgelöst hatte (070708). Vor allem in den Bereichen thermische Erzeugung, erneuerbare Energien und internationale Beteiligungen habe Villis wesentliche Projekte initiiert und erfolgreich umgesetzt. Es bestehe "gegenseitiges Einvernehmen, daß Herr Villis seine Aufgaben als Vorstandsvorsitzender ungeachtet der Ankündigung weiterhin erfüllt". Demnach scheint Villis sein Amt tatsächlich noch ein Dreivierteljahr lang auszuüben.
Zudem setzte der Aufsichtsrat erklärtermaßen "ein Zeichen der Kontinuität", indem er am 8. Dezember den Vertrag des Arbeitsdirektors Bernhard Beck verlängerte und Hans-Josef Zimmer erneut für fünf Jahre zum Technik-Vorstand bestellte. Zimmer hatte im Juli 2010 dieses Amt niedergelegt, weil dubiose Nuklear-Geschäfte mit russischen Partnern in der EnBW-Bilanz ein Loch von 130 Millionen Euro hinterlassen hatten (100716). EnBW-Chef war damals Utz Claassen, der von den Russen so geschätzt wurde, daß sie ihn mit dem "Kreuz des Ordens des Heiligen Nikolaus" dekorierten und dem deutschen Honorarprofessor, den er bereits hatte, noch anderes akademisches Lametta hinzufügten (050712). Mit dem Rücktritt Zimmers sollte eine vorbehaltlose Untersuchung der Vorgänge ermöglicht werden. Was dabei herauskam, bleibt geheim. "Die Prüfung und Bewertung dieser Sachverhalte ist nunmehr abgeschlossen", hieß es lediglich in der Mitteilung.
Der baden-württembergische Landtag beschloß am 14. Dezember mit den Stimmen von Grünen und SPD die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Umstände, unter denen die vorherige schwarz-gelbe Landesregierung das Aktienpaket der Electricité de France (EDF) an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) erworben hat. Unter anderem geht es um die Behauptung des CDU-Ministerpräsidenten Mappus, die EDF habe den Vertragsabschluß von der Umgehung des Landtags abhängig gemacht (111002). Der Ausschuß trat am 21. Dezember zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Weitere Sitzungstermine sind am 3. Februar, 17. Februar, 9. März, 30. März, 20. April, 11. Mai, 25. Mai, 22. Juni und 13. Juli 2012. Von den insgesamt 15 Ausschußmitgliedern gehören sechs der CDU, vier der SPD, vier den Grünen und einer der FDP an. Zum Vorsitzenden wurde der CDU-Landtagsabgeordnete Ulrich Müller gewählt. Die CDU zog dafür einen eigenen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zurück, der vom 13. Dezember datierte und der nach Ansicht der Regierungsparteien rechtlich nicht zulässig war, weil der darin formulierte Untersuchungsauftrag sich auch auf das Handeln der amtierenden Landesregierung bezog.