März 2023

230308

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Seit 1990 sind die deutschen Treibhausgas-Emissionen von 1.251.225 auf 745.614 tausend Tonnen CO2-Äquivalent zurückgegangen. Im Durchschnitt dieser 32 Jahre sind das 15,8 Millionen Tonnen und im Durchschnitt der letzten zehn Jahre 16,8 Millionen Tonnen. Die 2022 erzielte Minderung um 14,7 Millionen Tonnen ist also unterdurchschnittlich. Nach § 3 des Bundesklimaschutzgesetzes sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber dem Bezugsjahr 1990 sinken. Dies würde voraussetzen, dass in den nächsten acht Jahren jeweils eine Minderung um 38,5 Millionen Tonnen erreicht wird., also deutlich mehr als eine Verdoppelung des bisherigen Tempos. Entsprechend illusorisch wirken die weitergehenden ZIele, bis 2040 eine Minderung um mindestens 88 Prozent und bis 2045 die "Netto-Treibhausgasneutralität" zu erreichen. (Alle Zahlen zu dieser Grafik mit dem vorläufigen Ergebnis für 2022 sind einer separaten Tabelle zu entnehmen).

Verkehr und Gebäude bleiben hinter Klimaschutzzielen zurück

Wie das Bundesumweltamt am 15. März mitteilte, wurden im vergangenen Jahr in Deutschland rund 746 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Das sind knapp 15 Millionen Tonnen weniger als 2021, aber noch immer knapp 15 Millionen mehr als das bislang beste Ergebnis im Jahr 2020. Damals gingen infolge der Corona-Pandemie die Emissionen auf 731 Millionen Tonnen zurück. Nur dadurch wurde es dann auch möglich, das seit 2013 geltende und längst abgeschriebene Klimaschutzziel doch noch zu erreichen, die Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu senken (210104, 210309).

Inzwischen gelten die ehrgeizigeren Ziele des Klimaschutzgesetzes, das 2019 von der schwarz-roten Koalition in einer zunächst wenig anspruchsvollen Fassung beschlossen wurde, aber auf Verlangen des Bundesverfassungsgerichts vom Bundestag nachgebessert werden musste (210401, 210602). Dieses Gesetz enthält in seiner Anlage 2 konkrete Vorgaben für die Emissionsminderungen, die von den Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft von 2022 bis 2030 zu erfüllen sind. Mit Ausnahme der Energiewirtschaft, die dem Emissionshandelssystem unterliegt, werden dabei auch für alle dazwischen liegenden Jahre "zulässige Jahresemissionsmengen" festgelegt.

Verkehr überschritt zulässige Jahresmenge um 6,4 Prozent

Vergleicht man die vom Bundesumweltamt jetzt bekanntgegebenen Zahlen mit diesen zulässigen Emissionsmengen, haben die Sektoren Verkehr und Gebäude ihre Ziele nicht erreicht. Vor allem der Verkehr hat fast neun Millionen Tonnen mehr an Treibhausgasen verursacht, als zulässig gewesen wäre und damit das ihm zugebilligte Kontingent um 6,4 Prozent überschritten. Der Verkehr ist zudem der einzige Sektor, der gleichzeitig sein Ziel verfehlt und einen Emissionsanstieg gegenüber dem Vorjahr verzeichnet. Der Grund dafür ist offenbar die leichte Zunahme des Straßenverkehrs, nachdem die Corona-Einschränkungen weitgehend aufgehoben wurden. ­– Und das trotz der besonders hohen Kraftstoffpreise im Jahr 2022, der befristeten Einführung des 9-Euro-Tickets im öffentlichen Nahverkehr und einer Rekordzahl an Neuzulassungen von Elektroautos.

Trotz Verteuerung von Gas und Öl mehr Treibhausgase aus Gebäuden

Der Gebäudebereich erzielte gegenüber 2021 eine Emissionsminderung von knapp sechs Millionen Tonnen bzw. um 5,3 Prozent, Zugleich überschritt er aber die ihm erlaubte Jahresemissionsmenge um 3,7 Millionen Tonnen bzw. 3, 5 Prozent. – Und das trotz der gestiegenen Energiepreise, die zu einem sparsameren Umgang mit Gas führten, der von der milden Witterung noch unterstützt wurde. Allerdings erfasst die CO2-Statistik auch die Absätze von leichtem Heizöl, die 2022 um rund neun Prozent anstiegen, weil viele Verbraucher ihre Tanks vorsorglich so weit wie möglich auffüllten oder ­– sofern sie die Möglichkeit dazu hatten – Erdgas durch das nicht ganz so teure Heizöl ersetzten.

Energiewirtschaft blieb dank Erneuerbaren knapp unterm Limit

Im Bereich der Energiewirtschaft sind die Treibhausgasemissionen mit rund 10,7 Millionen Tonnen bzw. 4,4 Prozent abermals angestiegen. Das lag zu einem erheblichen Teil am verstärkten Einsatz von Kohlekraftwerken zur Stromerzeugung, um den durch den Ukraine-Krieg enorm verteuerten Gasverbrauch möglichst gering zu halten. Andererseits hat aber auch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um neun Prozent gegenüber 2021 zugenommen und diesen negativen Effekt gedämpft. Der Energiesektor konnte deshalb die zulässige Emissionsmengen von 257 Millionen Tonnen für das Jahr 2022 knapp einhalten. Darauf ausruhen darf er sich aber keinesfalls: Um bis 2030 auf die zulässige Jahresemissionsmenge von 108 Millionen Tonnen zu kommen, die im Klimaschutzgesetz als einziger weiterer Fixpunkt enthalten ist, müsste er in den noch bevorstehenden acht Jahren eine durchschnittliche Minderung um jeweils 18,5 Millionen Tonnen erbringen. In den zurückliegenden zehn Jahren betrug diese durchschnittliche jährliche Minderung nur etwa zwölf Millionen Tonnen.

Ukraine-Krieg drückte Emissionen der Industrie

Im Sektor Industrie sanken die Emissionen 2022 deutlich um 19 Millionen Tonnen bzw. 10,4 Prozent auf 164 Millionen Tonnen. Mit Ausnahme von Steinkohle, deren Einsatz sich nahezu auf dem Niveau von 2021 bewegte, sanken die Verbräuche der anderen fossilen Energieträger. Hierin wirkte sich ebenfalls der Krieg in der Ukraine aus, der in der metallverarbeitenden und chemischen Industrie den Energieverbrauch stark verringert hat und die Energiekosten ansteigen ließ.

Rückgang bei Landwirtschaft und Abfällen

In der Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um gut 0,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (minus 1,5 Prozent) auf 62 Millionen Tonnen zurück. Dieser Sektor blieb damit deutlich unter der für 2022 festgelegten Jahresemissionsmenge von 67,6 Millionen Tonnen. Der Rückgang ist vor allem auf einen weiteren Rückgang der Schweinezahlen und einen geringeren Einsatz von Mineraldünger zurückzuführen.

Die Emissionen der Abfallwirtschaft sanken gegenüber dem Vorjahr um rund 4,5 Prozent auf gut 4,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Damit blieb dieser Bereich erneut unter der im Bundesklimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von 8,5 Millionen Tonnen. Ein wesentlicher Grund dafür sind die sinkenden Emissionen aus der Abfalldeponierung infolge des Verbots der Deponierung organischer Abfälle.

 

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