Mai 2016 |
160514 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Land Baden-Württemberg hat keinen Anspruch auf Nachbesserung des Kaufpreises von 4,67 Milliarden Euro, den es Ende 2010 der Electricité de France (EDF) für die Überlassung von deren Anteilen an der Energie-Baden Württemberg (EnBW) gezahlt hat (101201). Das Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris wies am 11. Mai eine vor vier Jahren eingereichte Klage zurück, mit der die Landesregierung von der EDF die Rückzahlung von 830 Millionen Euro verlangt hatte, weil der mit der vorherigen Landesregierung vereinbarte Kaufpreis überhöht und mit den Beihilfevorschriften der EU nicht vereinbar gewesen sei (120213).
"Die Entscheidung des Schiedsgerichts hat uns überrascht und wir bedauern das Ergebnis sehr", erklärte am 13. Mai die neue baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). Die Landesregierung verfüge über stichhaltige und durch Unternehmensbewertungen untermauerte Hinweise, daß der damals bezahlte Kaufpreis deutlich zu hoch war. Auch das Urteil des Staatsgerichtshofs zum Aktienrückkauf (111002) und der Bericht des Rechnungshofs vom 26. Juni 2012 (120603) sowie weitere juristische und betriebswirtschaftliche Auswertungen (120603, 131106) hätten die Auffassung des Landes bestätigt.
Anstatt Geld zurückzubekommen, wird das Land nun über 9,5 Millionen Euro an Prozeß- und Gerichtskosten tragen müssen. Davon sind vier Millionen an die EDF und 1,2 Millionen Euro an das Schiedsgericht zu zahlen. Dennoch sei die Klage notwendig gewesen, um die Interessen des Landes und der Steuerzahler zu wahren, meinte die Finanzministerin. "Ein Verfahren vor ordentlichen Gerichten war im Vertrag leider ausgeschlossen."
Das Schiedsgerichtsurteil wurde am selben Tag bekannt, an dem in Stuttgart die neue grün-schwarze Landesregierung vereidigt wurde und Edith Sitzmann (Grüne) als Finanzministerin die Nachfolge von Nils Schmid (SPD) antrat, unter dem die Klage in die Wege geleitet worden war. "Es ist an meinem ersten Arbeitstag zu früh, über Details oder die weitere Vorgehensweise des Landes zu sprechen", meinte Sitzmann. Die Landesregierung werde nun den umfangreichen, in englischer Sprache abgefaßten Schiedsspruch prüfen, um dann zu entscheiden, wie sie weiter verfährt.
Es ist allerdings höchst unwahrscheinlich, daß die neue Landesregierung aus Grünen und CDU den Kaufvertrag weiterhin anfechten wird. Mit Blick auf den Koalitionsfrieden dürfte ihr der Spruch des Schiedsgerichts sogar willkommen sein. Schließlich war es die jetzt wieder mitregierende CDU, die das ungünstige Geschäft eingefädelt und durchgesetzt hat.