August 2008 |
080818 |
ENERGIE-CHRONIK |
In dem seit zehn Jahren andauernden Streit um den "Wasserpfennig", den das Land Baden-Württemberg für die Entnahme von Oberflächen- oder Grundwasser zur Kühlung von Kraftwerken verlangt, bahnt sich eine Einigung an. Die Stuttgarter Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) bestätigte am 20. August Zeitungsberichte, wonach das Land der EnBW Kraftwerke AG rund 49 Millionen Euro erstatten wird. Im Wege einer außergerichtlichen Einigung soll diese Summe mit den künftigen, niedrigeren Gebühren für die Kühlwasserentnahme verrechnet werden. Die EnBW verzichtet dafür auf die weitere Verfolgung ihrer ursprünglichen Erstattungsansprüche in Höhe von 300 Millionen Euro. Eine entsprechende Vereinbarung soll noch im September unterzeichnet werden.
Der "Wasserpfennig" wurde 1988 von Baden-Württemberg als erstem Bundesland eingeführt. Mit dem Erlös sollten Landwirte für Nutzungsbeschränkungen in Wasserschutzgebieten entschädigt werden. Die Abgabe belastete von Anfang an vor allem die Energieversorger, da diese große Mengen Wasser zur Kühlung ihrer Kraftwerke benötigen (970210). Nach der 1998 erfolgten Verdoppelung zahlte beispielsweise die EnBW für die Kühlung der beiden Blöcke des Kernkraftwerks Philippsburg mit Fluß- und Grundwasser jährlich 75 Millionen Mark. Das Großkraftwerk Mannheim (GKM) mußte für die Entnahme von Kühlwasser aus dem Rhein jährlich rund 20 Millionen Mark aufbringen. Die Abgabe konnte zwar für Betriebe mit hohem Wasserverbrauch um bis zu 90 Prozent ermäßigt werden, falls sie deren Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen sollte. In der Praxis hatten entsprechende Anträge bei den Behörden aber keinen Erfolg, zumal die Kraftwerksbetreiber nicht gerade einen hinfälligen Eindruck machten. Das Stuttgarter Umweltministerium erteilte der Stadt Mannheim als unterer Wasserbehörde sogar die ausdrückliche Weisung, den Antrag des GKM auf Reduzierung des Wasserentnahmeentgeltes abzulehnen.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe vertrat zudem die Ansicht, daß die Belastung der Kraftwerke im Konzernverbund gesehen werden müsse. Auch das rechtlich selbständige GKM sei letztlich nur eine "Stromerzeugungs-Betriebsstätte" seiner potenten Anteilseigner (001017). Genau diese Sichtweise ließ dann aber der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als Berufungsinstanz nicht gelten. Ende 2005 billigte er den Kraftwerksbetreibern eine starke Ermäßigung des Wasserpfennigs zu, sofern dieser - unabhängig von der Situation des Gesamtkonzerns - die Stromproduktion um mehr als fünf Prozent belastet (051210). Nach diesem juristischen Erfolg konnte die EnBW gestärkt in die Verhandlungen mit der Landesregierung eintreten, die jetzt mit der außergerichtlichen Einigung abgeschlossen werden. Ein ähnlicher Vergleich mit dem GKM dürfte folgen.