Dezember 2005

051210

ENERGIE-CHRONIK


Gericht ermäßigt "Wasserpfennig" für Kraftwerksbetreiber

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat den Kraftwerksbetreibern des Landes eine starke Ermäßigung des "Wasserpfennigs" zugebilligt, sofern er das Geschäftsergebnis - unabhängig von der Situation des Gesamtkonzerns - um mehr als fünf Prozent belastet. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf die Entflechtung von Erzeugung, Übertragung und Verteilung, wie sie bereits das seit 1998 geltende Energiewirtschaftsgesetz in Form getrennter Buchführung vorschrieb. Nach Ansicht des VGH entfällt damit auch die Zulässigkeit bzw. Notwendigkeit einer konzernweiten Betrachtung der aus dem Wasserpfennig entstehenden Belastungen.

Der "Wasserpfennig" wird in Baden-Württemberg seit 1987 für die Nutzung von Grund-, Quell- und Oberflächenwasser erhoben. Er kann um bis zu neunzig Prozent reduziert werden, falls seine Erhebung die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen belastet. Die Kraftwerkstochter der Energie Baden-Württemberg (EnBW) hatte eine solche Beeinträchtigung gegenüber in- und ausländischen Wettbewerbern geltend gemacht, da diese nicht oder nicht im selben Ausmaß von einer derartigen Abgabe betroffen seien. Konkret ging es um den "Wasserpfennig" für die beiden Blöcke des Kernkraftwerks Philippsburg, die in den Jahren 1998 und 1999 insgesamt 3,71 Milliarden Kubikmeter Rheinwasser und zusätzlich etwa 1,24 Millionen Kubikmeter Grundwasser verbraucht hatten, wofür das Landratsamt Karlsruhe ein Wasserentnahmeentgelt von etwa 74,4 Mio. DM festsetzte. Die Behörden des Landes und auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatten die beantragte Ermäßigung abgelehnt, weil die Ertragskraft des Gesamtkonzerns EnBW durch die Erhebung des ungekürzten "Wasserpfennigs" für das Kernkraftwerk Philippsburg nicht signifikant in Mitleidenschaft gezogen werde.

"Verdeckte Gewinnverlagerungen nicht mehr möglich"

Nach Meinung des 8. Senats des VGH kann von einer solchen Konzernbetrachtungsweise seit der Liberalisierung des Strommarktes nicht mehr ausgegangen werden: Das im April 1998 erlassene Energiewirtschaftsgesetz stelle sicher, daß sich aus den veröffentlichten Jahresabschlüssen der einzelnen Unternehmen ablesen lasse, auf welcher Stufe der Stromerzeugung und -verteilung Gewinne und Verluste anfielen. Verdeckte Gewinnverlagerungen seien deshalb nicht mehr möglich. Damit bestehe aber auch kein Grund, für die Frage der Belastung durch die Erhebung eines "Wasserpfennigs" auf die übergeordnete Konzernebene abzustellen, denn wenn eine Stufe der Wertschöpfungskette "künstlich" mit Verlusten belastet werde, könnten die Behörden dies erkennen und darauf im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung reagieren. Die Kraftwerkstochter der EnBW habe aber nachgewiesen, daß ihr eigenes Betriebsergebnis bzw. das Ergebnis ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit durch das Wasserentnahmeentgelt um mehr als fünf Prozent belastet werde – dieser Wert kennzeichne eine in der landesweiten Praxis angewandte Schwelle, ab der in der Regel das Entgelt ermäßigt werde.

Der Senat hat deshalb das Land verpflichtet, über den Ermäßigungsantrag der EnBW Kraftwerke AG unter Beachtung seiner Vorgaben erneut zu entscheiden (AZ: 8 S 314/03). Auf das Urteil werden sich künftig auch das Großkraftwerk Mannheim (GKM) und andere Kraftwerksbetreiber berufen können. Die Energiewirtschaft verbraucht etwa vier Fünftel der sechs Milliarden Kubikmeter, die jährlich in Baden-Württemberg dem Wasserkreislauf entnommen werden, um als Trink- und Brauchwasser, zur Bewässerung oder zur Kraftwerkskühlung zu dienen.

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