Dezember 2020

201205

ENERGIE-CHRONIK


EU-Staatschefs einigen sich auf 55 Prozent Treibhausgasminderung bis 2030

Der Europäische Rat einigte sich am 11. Dezember auf das Ziel, die Treibhausgas-Emissionen der Gemeinschaft bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. In den "Schlussfolgerungen" der Ratstagung wurden Parlament und Kommission dazu aufgerufen, diese Vorgabe in das geplante Europäische Klimagesetz (200303) aufzunehmen und das Gesetz rasch zu erlassen.

Parlament hält Minderung um 60 Prozent für erforderlich

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten stützen damit die Position der Kommission, die sich ebenfalls für 55 Prozent ausgesprochen hat (200911). Das Parlament hält dagegen eine Minderung um 60 Prozent für erforderlich (201006). Bisherige Zielvorgabe sind 40 Prozent (141019). Die beiden gesetzgebenden EU-Organe werden nun über einen Kompromiss verhandeln.

Finanzierung im Rahmen von MFR und NGEU

Wie es in den Schlussfolgerungen der Ratstagung weiter heißt, sollen die zur Erreichung des Klimaziels erforderlichen Maßnahmen zu mindestens 30 Prozent mit den 1,8 Billionen Euro finanziert werden, die der Rat im Juli als "Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027" (MFR) sowie für außerordentliche Aufbaumaßnahmen unter der Bezeichnung "NextGenerationEU" (NGEU) beschlossen hat. Den Mitgliedsstaaten wird das Recht zugesichert, "über ihren Energiemix zu entscheiden und die am besten geeigneten Technologien zur gemeinsamen Verwirklichung des Klimaziels für 2030 einschließlich Übergangstechnologien wie Gas zu wählen".

Osteuropäer wollen wirksame Sanktionen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit verhindern

Die Staats- und Regierungschefs einigten sich über diesen und andere Punkte erst nach überaus zähen Verhandlungen. Das lag hauptsächlich an der geplanten "Verordnung über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union", die es künftig ermöglichen soll, krasse Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten durch Kürzung von EU-Mitteln zu sanktionieren. Am 5. November hatten die Verhandlungsführer von Parlament und Rat eine vorläufige Einigung über den Inhalt einer solchen Verordnung erzielt. Der nächste Schritt wäre die formelle Billigung durch beide Gremien gewesen.

Ungarn drohte mit Blockade der 750 Milliarden Corona-Hilfen

Vor allem Polen, Ungarn, Rumänien und Bulgarien wollten aus naheliegenden Gründen diese Verordnung verhindern oder wenigstens so weit wie möglich entschärfen. Zur Verabschiedung hätte zwar schon eine qualifizierte Mehrheit der 27 Mitgliedsstaaten ausgereicht (siehe 190201). Ungarn drohte nun aber damit, den "Eigenmittelbeschluss" zu blockieren, der die Kommission zur Aufnahme hoher Kredite zur Finanzierung des MFR-Finanzpakets ermächtigt und von allen Mitgliedsstaaten gebilligt werden muss. Damit wären auch die geplanten europäischen Corona-Hilfen von bis zu 750 Milliarden Euro blockiert worden. Als Zugeständnis für die Rücknahme dieser Drohung wird die Kommission jetzt erst mal Leitlinien zur Anwendung dieser Verordnung entwickeln, die "in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten" entstehen. Falls es doch zu einem unlösbaren Konflikt kommt, entscheidet der Europäische Gerichtshof.

"Die bloße Feststellung einer Verletzung der Rechtsstaatlichkeit reicht nicht aus"

Weiter heißt es in den "Schlussfolgerungen" einschränkend: "Die Maßnahmen im Rahmen des Mechanismus müssen im Verhältnis zu den Auswirkungen der Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit auf die wirtschaftliche Führung des Haushalts der Union oder auf die finanziellen Interessen der Union stehen, und der ursächliche Zusammenhang zwischen diesen Verletzungen und den negativen Auswirkungen auf die finanziellen Interessen der Union muss hinreichend direkt und ordnungsgemäß festgestellt worden sein. Die bloße Feststellung einer Verletzung der Rechtsstaatlichkeit reicht nicht aus, um den Mechanismus auszulösen."

 

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