Oktober 2020

201010

ENERGIE-CHRONIK


Vattenfall will Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes nicht mehr verhindern

Der Vattenfall-Konzern will die Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes nicht länger verhindern, obwohl er gegen die im März 2019 erfolgte Konzessionsvergabe an den Landesbetrieb Berlin Energie bisher erfolgreich geklagt hat. Wie er am 23. Oktober mitteilte, hat er dem Berliner Senat alle Anteile an seiner Tochter Stromnetz Berlin GmbH zum Kauf angeboten. "Damit sollen die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Stromkonzession beendet und ein vorhersehbarer und klarer Weg für die weitere Entwicklung des Berliner Stromnetzes geebnet werden", hieß es zur Begründung. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einer "sehr guten Nachricht für unsere Stadt". Die Beendigung der jahrelangen Auseinandersetzung eröffne neue Chancen, mit der Energiewende und dem Umweltschutz voranzukommen.

"Weiterer Schritt nach vorn bei der Rekommunalisierungs-Strategie des Landes Berlin"

Die Übernahme des Stromnetzes sei ein weiterer Schritt nach vorn bei der Rekommunalisierungs-Strategie des Landes Berlin, erklärte Müller. In früheren Jahren sei es aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Stadt nötig gewesen, Beteiligungen zu verkaufen. Daraus habe man jedoch Lehren gezogen und einiges korrigiert. Inzwischen arbeite das Land schon seit Jahren daran, Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte rückgängig zu machen. Als Beispiele nannte Müller die Wasserbetriebe (120708) und den Rückkauf von Wohnungen.

Übernahme soll schon ab 2021 erfolgen – nur vage Angaben zum Kaufpreis

Laut Finanzsenator Matthias Kollatz ist die Übernahme des Stromnetzes zum Stichtag 1. Januar 2021 geplant. Der Vollzug erfolge voraussichtlich im ersten Quartal 2021 rückwirkend. Die Stromnetz Berlin GmbH werde mitsamt Infrastruktur und bisherigem Personal übernommen. Zu den Kosten machte der Finanzsenator nur vage Angaben: Zuletzt sei über einen Kaufpreis zwischen einer und drei Milliarden Euro spekuliert worden. Der tatsächliche Erlös für Vattenfall werde wohl "irgendwo in der Mitte" liegen. Die Finanzierung solle hauptsächlich über Darlehen erfolgen.

Vattenfall schreckte die Aussicht auf einen weiteren jahrelangen Rechtsstreit

Die Konzession der Stromnetz Berlin GmbH war 2014 abgelaufen. Nach einem langwierigen Ausschreibungsverfahren bekam der landeseigene Betrieb Berlin Energie im vergangenen Jahr den Zuschlag für 20 Jahre (190313). Vattenfall erwirkte daraufhin per Eilantrag die vorläufige Suspendierung der Konzessionsvergabe (191108). Am 24. September wurde diese Entscheidung auch vom Berliner Kammergericht in letzter Instanz bestätigt. Allerdings stand die Eröffnung der Hauptverhandlung vor dem Berliner Landgericht erst noch bevor. Die Aussicht auf einen weiteren jahrelangen Rechtsstreit hat wesentlich zum Einlenken von Vattenfall beigetragen.

"Auch nach dem jüngsten Erfolg vor dem Berliner Kammergericht können wir nicht mit einer zeitnahen Konzessionsentscheidung im Sinne von Vattenfall rechnen", sagte Konzernchef Magnus Hall. "Die Aussicht auf weitere Jahre gerichtlicher Auseinandersetzung stellen nicht nur eine Belastung für das Unternehmen dar, sondern erschweren auch Entscheidungen über die anstehenden Milliardeninvestitionen." Deutschland bleibe aber für den schwedischen Konzern der wichtigste ausländische Markt. Finanzsenator Kollatz kündigte seinerseits an, dass beim Betrieb des Berliner Wärmenetzes eine langfristige Partnerschaft mit Vattenfall geplant sei.

 

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