Mai 2016

160509

ENERGIE-CHRONIK


Grüne und CDU einigen sich auf Mindestabstand von tausend Meter für Windkraftanlagen

In Baden-Württemberg unterzeichneten Grüne und CDU am 9. Mai ihre Koalitionsvereinbarung für die erste grün-schwarze Regierung in einem Bundesland. Sie einigten sich dabei auf einen Mindestabstand von tausend Meter zwischen Windkraftalagen und Wohngebieten. Wörtlich lautet der Passus im Koalitionsvertrag: "Wir stellen sicher, daß die Planungsträger die Möglichkeiten nutzen können, im Rahmen der planerischen Abwägung zu Wohngebieten Abstände von 1.000 Meter oder mehr rechtssicher festzulegen."

Der "Windenergieerlaß", den die vorherige grün-rote Landesregierung im Mai 2012 in Kraft setzte (110911), empfiehlt den kommunalen Planungsträgern einen "Vorsorgeabstand" von 700 Meter. Der alt-neue Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ließ dazu verlauten, daß die Koalitionsvereinbarung keine Änderung dieses Erlasses bewirken werde. Der 700- Meter-Abstand sei schon bisher keine verbindliche Vorschrift gewesen, sondern ein Richtwert, von dem bei einzelnen Planungsvorhaben nach oben unter unten abgewichen werden könne.

Eine verbindliche landesrechtliche Regelung ist in Baden-Württemberg nicht mehr möglich

Die Erweiterung des Mindestabstandes auf tausend Meter war eine der Forderungen, mit denen die CDU ihren Landtagswahlkampf bestritten hatte. Den Grünen dürfte das Zugeständnis nicht allzu schwer fallen oder sogar willkommen sein, da ihre überdimensionierten Windenergie-Ausbauziele auf umso größere Widerstände stoßen, je konkreter die Bauvorhaben werden (151110). Die vorherige grün-rote Landesregierung wollte bis 2020 den Anteil der Windkraft am Stromverbrauch des Landes mehr als verzehnfachen (110509). In der neuen Koalitionsvereinbarung ist nur noch die Rede davon, daß man die Windenergie weiter ausbauen und darauf achten werde, daß dies "mit möglichst geringen Folgen für Mensch, Natur und Landschaft verbunden ist".

Eine verbindliche landesrechtliche Regelung des Abstands zwischen Windkraftanlagen und Wohngebieten, wie sie Bayern eingeführt hat und jetzt vom Verfassungsgerichtshof des Landes bestätigt wurde (160510), ist in Baden-Württemberg nicht mehr möglich, da die 2014 vom Bundestag beschlossene Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 des Baugesetzbuches nur bis Ende 2015 gegolten hat (140609). Außer Bayern hat kein anderes Bundesland von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht.

Für "maßvollen" Neubau von Biomasse-Anlagen und Nutzung der "kleinen Wasserkraft"

Laut Koalitionsvertrag will die grün-schwarze Regierung "die Dekarbonisierung von Strom, Wärme und Verkehr bis zur Mitte des Jahrhunderts vorantreiben". Im Rahmen einer "Solaroffensive" sollen weitere 50.000 Dächer im Land mit Solaranlagen bestückt und solarthermische Wärmenetze gefördert werden. Des weiteren plant sie "einen neuen Anlauf zur steuerlichen Abschreibung energetischer Sanierung im Gebäudebereich". Bei der Biomasse bedürfe es eines gesetzlichen Rahmens, der einen "maßvollen Neubau und einen wirtschaftlichen Betrieb von Bestandsanlagen ermöglicht, gleichzeitig aber auch ökologische Leitplanken vorsieht". Die Errichtung kleiner Wasserkraftanlagen soll gefördert und ihre Genehmigung erleichtert werden. Vor allem die letzte Forderung dürfte ein zwiespältiges Echo finden, da sie zur weiteren Verbauung von kleinen Fließgewässern führen würde, die für die Stromgewinnung ebenso unergiebig wie unrentabel sind.

CDU stellt im Landtag nur noch die zweitstärkste Fraktion

Die grün-schwarze Koalition in Stuttgart ergab sich aus der Landtagswahl vom 13. März, bei der die Grünen ihren Stimmenanteil weiter ausbauen konnten und zur stärksten Fraktion im Landesparlament wurden. Zugleich erlitt aber die SPD solche Verluste, daß eine Fortführung der bisherigen grün-roten Koalition (110306) nicht mehr möglich war. Ersatzweise kam es zum Bündnis mit der CDU, die noch immer die zweitstärkste Fraktion im Landtag stellt, obwohl sie ebenfalls stark geschwächt aus der Wahl hervorging. Im neuen Kabinett des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann besetzen beide Parteien jeweils fünf Ressorts. Umweltminister ist wie bisher Franz Untersteller von den Grünen.

Die erheblichen Stimmenverluste von CDU und SPD kamen größtenteils der rechtspopulistischen "Alternative für Deutschland" (AfD) zugute, die mit 15,10 Prozent neu in den Landtag einzog. Im energiepolitischen Teil ihres Landtagswahlprogramms forderte diese Partei unter anderem die ersatzlose Streichung der EEG-Förderung, die weitgehende Beendigung des Baues von Windkraftanlagen und die "Erhaltung der Kerntechnikkompetenz".

 

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