Dezember 2013 |
131204 |
ENERGIE-CHRONIK |
Foto: E.ON Mitte
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Der E.ON-Konzern hat am 17. Dezember seine Mehrheitsbeteiligung am Regionalversorger E.ON Mitte an zwölf Landkreise und die Stadt Göttingen verkauft. Bei den Erwerbern handelt sich um die bisherigen kommunalen Minderheitsaktionäre, die bis 2002 die Mehrheitseigentümer des Unternehmens waren, das damals noch Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM) hieß (020515). Die Kommunen übernehmen freilich nur das Strom- und Gasnetz. Die E.ON Mitte Vertrieb GmbH und andere Beteiligungen des Regionalversorgers wurden von E.ON zurückgekauft. Den so erzielten Erlös bezifferte E.ON mit 610 Millionen Euro.
Die 13 Kommunen besaßen bislang 26,7 Prozent an der E.ON Mitte AG. Sie werden nun rückwirkend zum 1. Januar 2013 hundertprozentige Eigentümer des Netzes. Das Gesamtvolumen der Transaktion beläuft sich ihren Angaben zufolge auf 622 Millionen Euro. In einem zweiten Schritt wollen die Altaktionäre bis zu 49,9 Prozent ihrer Aktien weiterverkaufen. Etwa an das Konsortium "Stadtwerke Mitte", in dem sich im Juni dieses Jahres 23 Stadtwerke aus Hessen und Niedersachsen zusammengeschlossen haben (130610). Oder auch an andere Kommunen inner- und außerhalb des Netzgebiets. Wieweit das gelingen wird, steht allerdings noch nicht fest.
Das Unternehmen soll nun wieder "EAM" heißen. Dieser Kürzel wird indessen nicht mehr die alte Bedeutung haben, sondern für "Energie aus der Mitte" stehen. Da E.ON mit dem Vertrieb auch die Strom- und Gaskunden behält, wollen die Kommunen mit Hilfe der alten Marke zusätzlich zum Netzbetrieb eine neue Vertriebsorganisation aufbauen. Sie hätten auch gern von vornherein die Kunden mitübernommen. Das war ihnen aber nicht möglich, da E.ON den Vertrieb nicht abgeben wollte bzw. prohibitiv überhöhte Preisvorstellungen nannte.
Zu den wichtigsten Aktionären gehört die Stadt Göttingen, die für knapp 92 Millionen Euro ihre Beteiligung von 3,9 auf 14,7 Prozent aufstockt. Hinzu kommen rund 15 Millionen Euro an Nebenkosten wie Zinsen, Provisionen und Rechtsverfolgungskosten. Diese Belastung will die Stadt überwiegend über langfristige Darlehen finanzieren. Nach Angaben des Göttinger Oberbürgermeisters Wolfgang Meyer reichen die Erträge des Netzunternehmens aus, um Verzinsung und Tilgung dieser Darlehen sowie weiterhin eine Dividende aus der Beteiligung zu garantieren. Ähnlich stellen sich fast alle der zwölf Landkreise die Finanzierung vor.
Der E.ON-Konzern hat damit drei seiner einst sieben Regionalversorger (081008) den kommunalen Minderheitsaktionären überlassen. Vorausgegangen waren die Verkäufe der E.ON Thüringer Energie AG (130108) und der E.ON Westfalen Weser AG (130609). In allen Fällen behielt E.ON mit dem Vertrieb auch die Strom- und Gaskunden. Weitere Verkäufe waren nicht geplant, obwohl auch E.ON Avacon, E.ON edis und E.ON Hanse über kommunale Minderheitsaktionäre verfügten. Nur die E.ON Bayern AG gehörte dem Konzern zu hundert Prozent.
Aus den vier Regionaltöchtern, die nicht auf der Verkaufsliste standen, sind inzwischen reine Netzbetreiber geworden. Den Vertrieb von Strom und Gas haben sie an die E.ON Energie Deutschland abgegeben. Zugleich war dies mit mehr oder weniger einschneidenden Namensänderungen verbunden.
Zum Beispiel gibt es die E.ON Bayern AG seit 1. Juli 2013 nicht mehr. An ihre Stelle trat die Bayernwerk AG als reine Netzgesellschaft. Damit kam es zur Wiederauferstehung eines Firmennamens, der vor 13 Jahren mit der Fusion der einstigen Verbundunternehmen Bayernwerk AG und PreussenElektra zur E.ON Energie AG verschwunden war (000704). Der neue Verteilnetzbetreiber ist freilich bedeutend kleiner als der frühere integrierte Versorger, von dem er zwar den Namen, aber keineswegs die Kraftwerke, das Transportnetz und den Vertrieb geerbt hat.
Die früheren E.ON-Regionalversorger Avacon und Edis verloren ebenfalls das "E.ON" im Firmennamen und wurden zu reinen Netzbetreibern. Zum Beispiel firmiert die E.ON edis AG seit 1. Juli 2013 nur noch als E.DIS AG. Den Kommunen, die 28,5 Prozent am alten Regionalversorger besaßen, wurde angeboten, ihre bisherigen Anteile an den Vertriebsaktivitäten gegen zusätzliche Anteile am Netzbetreiber einzutauschen.
Der E.ON-Konzern begründete die Umbenennungen mit Anforderungen des Gesetzgebers und der Bundesnetzagentur, wonach Netz und Vertrieb "noch klarer voneinander getrennt" werden müßten. Ein sicher nicht unwillkommener Nebeneffekt war dabei, daß man so die schon seit Jahren betriebene Zentralisierung des Strom- und Gasvertriebs (081008) und die Umwandlung der einstigen Regionalversorger zu bloßen Netzbetreibern besser kaschieren konnte. Zum Beispiel diente die 2008 gegründete E.ON Bayern Vertrieb GmbH von Anfang an nur als regionales Firmenschild des zentralisierten Vertriebs. Nach der Umwandlung der E.ON Bayern AG in den Netzbetreiber Bayernwerk AG blieb sie zunächst weiterhin für die Vertriebsaktivitäten zuständig. Ein paar Monate später verschwand sie aber aus dem Handelsregister. Wer heute im Internet www.eon-bayern-vertrieb.de eingibt, landet direkt beim zentralen Vertrieb von E.ON Energie Deutschland.