Dezember 2012 |
121201 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Bundesregierung beschloß am 6. Dezember die sogenannte "Strompreiskompensation", die von der Koalition in ihrem Energiewende-Papier vom Mai 2011 vereinbart wurde (110501) und stromintensiven Unternehmen ab 2013 jährlich bis zu 500 Millionen Euro aus dem Staatshaushalt gewähren soll. Zusätzlich zur weitgehenden Befreiung von Stromsteuer (121104) und EEG-Lasten (121001) sowie der Komplett-Befreiung von den Netzentgelten (121203) bekommen die Großstromverbraucher damit von der schwarz-gelben Koalition ein weiteres Geschenk. Im Unterschied zu den anderen Vergünstigungen werden in diesem Fall die Kosten aber nicht über die Strompreise abgewälzt, sondern aus dem Staatshaushalt bestritten.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) begründete die von ihm vorgelegte Richtlinie mit dem Beginn der dritten Periode des Handels mit Emissionszertifikaten. Sie werde ab 2013 den Strom weiter verteuern, da die Kraftwerksbetreiber nun ihre CO2-Zertifikate nicht mehr kostenlos erhalten, sondern sie erwerben müssen (110805). Die Stahl-, Chemie- und Nichteisenmetallbranche sowie andere stromintensive Unternehmen würden dadurch im internationalen Wettbewerb benachteiligt. Durch die Strompreiskompensation werde vermieden, daß wichtige Industriesektoren ins Ausland verlagert und Arbeitsplätze in Deutschland verschwinden würden. Außerdem drohe ein zusätzlicher Anstieg der globalen Treibhausgasemissionen, falls die Unternehmen ihre Produktion in Länder außerhalb der Europäischen Union mit geringeren Umweltstandards verlagern würden.
Die Richtlinie sieht vor, den begünstigten Unternehmen 85 Prozent der Strompreiserhöhung zu erstatten, die auf die Verteuerung durch den Zertifikate-Ankauf zurückzuführen ist. Von 2016 bis 2018 sinkt dieser Satz auf 80 Prozent. Die beiden restlichen Jahre bis zum Auslaufen der dritten Handelsperiode im Jahr 2020 beträgt er 75 Prozent. Die Zahlungen können erstmals 2014 rückwirkend für das vergangene Jahr beantragt werden.
Unklar ist noch, woher die Regierung das Geld nehmen will. Ursprünglich sollte es aus dem "Energie- und Klimafonds" kommen (110606). Dessen Einnahmen reichen dafür aber bei weitem nicht aus, zumal die Bundesregierung ihn nun auch für die Finanzierung der "energetischen Gebäudesanierung" heranziehen will (121202).
Die 2014 anfallenden Kosten der Strompreiskompensation werden von der Bundesregierung mit rund 350 Millionen Euro veranschlagt. Antragsberechtigt sind Unternehmen in 13 Sektoren und 7 Teilsektoren mit rund 830.000 Arbeitsplätzen, bei denen davon ausgegangen wird, daß ein erhebliches Risiko der Verlagerung von Produktionsstandorten und CO2-Emissionen besteht. Höhe und Adressatenkreis der Zahlungen richten sich nach den Vorgaben der EU-Beihilfeleitlinien vom Mai 2012, die "weitgehend" ausgeschöpft werden. Im einzelnen nennt ein Papier des Wirtschaftsministeriums die folgenden Sektoren bzw. Teilsektoren:
- Erzeugung und erste Bearbeitung von Aluminium
- Erzeugung von Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen einschließlich nahtloser Stahlrohre
- Erzeugung und erste Bearbeitung von Blei, Zink und Zinn
- Erzeugung und erste Bearbeitung von Kupfer
- Gewinnung von Mineralien für die Herstellung von chemischen Erzeugnissen
- Herstellung von sonstigen anorganischen Grundstoffen und Chemikalien
- Herstellung von sonstigen organischen Grundstoffen und Chemikalien
- Herstellung von Chemiefasern
- Herstellung von Papier, Karton und Pappe
- Herstellung von Düngemitteln und Stickstoffverbindungen
- Baumwollaufbereitung und -spinnerei
- Herstellung von Lederbekleidung
- Eisenerzbergbau
- Teilsektoren des Sektors „Herstellung von Kunststoffen in Primärformen“:
- Polyethylen niedriger Dichte (LDPE)
- Lineares Polyethylen niedriger Dichte (LLDPE)
- Polyethylen hoher Dichte (HDPE)
- Polypropylen (PP)
- Polyvinylchlorid (PVC)
- Polycarbonat (PC)
- Teilsektor des Sektors „Herstellung von Holz- und Zellstoff“:
- Mechanischer Holzschliff