November 2011

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ENERGIE-CHRONIK


 

 

Der Algenbefall hat an dieser gedämmten Hausfassade ein "Leopardenmuster" erzeugt: Dort wo die Dämmplatten mit Plastikdübeln befestigt sind, wird die Wärme besser geleitet. Deshalb wachsen dort keine Algen und bleibt die Fassade hell. (Bild aus der "Plusminus"-Sendung vom 23.11.)

Nachträgliche Wärmedämmung führt zu Gebäudeschäden

Die nachträgliche Wärmedämmung von Wohngebäuden beeinträchtigt die Fassaden nicht nur optisch, sondern beschädigt sie auch häufig. Darauf machte am 23. November die SWR-Wirtschaftssendung "Plusminus" im ARD-Fernsehprogramm aufmerksam. Bei den hochgedämmten Fassaden wird nämlich der Wärmestrom abgebremst und erreicht den Putz nicht mehr. Der Putz wird dadurch sehr viel kälter als bei einer herkömmlichen Fassade. Auf dem kalten Putz schlägt sich dann, ähnlich wie auf einem kalten Auto, Feuchtigkeit nieder, die in Verbindung mit Staubablagerungen ein Nährboden für Algen bildet. Auf Dauer können diese Algen Putz und Dämmung zerstören.

Die Baustoffindustrie kennt diese Probleme schon lange. Deshalb mischt sie Biozide in Farben und Putze, um Algenwachstum zu verhindern. Diese giftigen Stoffe müssen indessen wasserlöslich sein, um wirken zu können. Durch Regen werden sie deshalb ausgewaschen und gelangen so in den Boden und in angrenzende Gewässer. Außerdem sind die Algen nur vorübergehend beseitigt: Nach einigen Jahren werden sie sich erneut auf der gedämmten Fassade ansiedeln. Für Eigentümer entstehen so immer neue Kosten.

Energie-Einsparungen sind viel geringer als versprochen

Unrealistisch sind auch die Einspar-Versprechungen, mit denen Fachverbände, Hersteller und Handwerker die Hausbesitzer vom Nutzen einer "energetischen Gebäudesanierung" zu überzeugen versuchen. "Plusminus" hat die gemeinnützige Energieberatungsgesellschaft co2online die Heizkosten vor und nach der Sanierung bei mehr als 20.000 Ein- und Zweifamilienhäusern vergleichen lassen. Die Dämmung der Hausfassade kostete im Schnitt rund 17.000 Euro. Statt der versprochenen 40 bis 85 Prozent wurden nach der Sanierung lediglich 15 Prozent Energie eingespart. Bei durchschnittlich steigenden Heizkosten rechnet sich deshalb die Investition erst nach knapp 30 Jahren.

Auch sonst nimmt die Dämmungs-Lobby den Mund recht voll: Zum Beispiel bewirkten neue Fenster lediglich eine Energieeinsparung von 4 Prozent anstelle der versprochenen 20 Prozent. Eine neue Heizungsanlage, die bis zu 30 Prozent Energie sparen sollte, ergab in der Praxis lediglich 13 Prozent.

Dämmstoffindustrie produziert ein neues Entsorgungsproblem

Der Bauphysiker Gernot Henrich kritisierte in der Sendung außerdem den übertriebenen Materialverbrauch bei der Wärmedämmung. Es sei wirtschaftlich unsinnig sei, die Fassade mit extrem dicken Dämmplatten einzupacken. Berechnungen zeigten regelmäßig, daß die optimale Dämmstoffstärke im Wohnungsbau etwa bei 10 bis 12 Zentimeter liege. Alles was darüber hinaus an Dämmung eingebaut werde, spare zusätzlich kaum noch Energie ein. Die Dämmstoffindustrie wisse das. Sie veranlasse die Politiker dennoch, möglichst dicke Dämmstoffstärken in den Vorschriften zu verankern, wie dies auch in der neuesten Energiesparverordnung geschehen sei.

Der Architekt Prof. Jens Fehrenberg von der Fachhochschule Hildesheim gab zu bedenken, daß durch den staatlich geförderten Dämmwahn ein riesiges Müllproblem entsteht: Die verwendeten Systeme hätten eine Lebensdauer von etwa 40 Jahren. Sie bestünden aus Klebstoff und eingespachteltem Gewebe, seien also Mischmüll. Schon heute seien hierzulande etwa 800 Millionen Quadratmeter Dämmplatten geklebt worden, und schon diese Menge könne niemals deponiert werden.

Keine Einigung beim ersten Gespräch im Vermittlungsausschuß

Der Vermittlungsausschuß des Bundestags beriet am 22. November zum ersten Mal über einen Kompromiß, der dem umstrittenen "Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden" doch noch über die Hürden helfen könnte (111019) . Laut DPA (23.11.) kam es zu keiner Einigung mit den Bundesländern, denen die Bundesregierung die Kosten der steuerlichen Absetzbarkeit der Wärmedämmung von Altbauten größtenteils aufhalsen möchte. Wenn es bei den beiden folgenden Gesprächen ebenfalls zu keiner Einigung kommt, ist das Gesetz endgültig gescheitert.

Bundesumweltministerium fördert sogar Wärmedämmung in Lettland

Das Bundesumweltministerium hat rund eine Million Euro für die Wärmedämmung von Wohngebäuden in Lettland ausgegeben. Wie es am 21. November mitteilte, geschah dies im Rahmen eines Programms zur Förderung von Modellvorhaben für eine klimaschutzverträgliche wirtschaftliche Entwicklung in den neuen EU-Ländern sowie bei EU-Beitrittskandidaten. Rund 760.000 Euro wurden in den Jahren 2003 bis 2011 dafür verwendet, neun landestypische Plattenwohngebäude so umzubauen, daß sie deutschen Energiestandards genügen. Weitere rund 240.000 Euro flossen in die Ausbildung von "Gebäudesanierungsmanagern", die nun "als Multiplikatoren weitere Gebäudesanierungsprojekte initiieren" sollen.

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