Dezember 2023 |
231206 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die beiden Karten verdeutlichen die unterschiedliche Höhe der Netzentgelte in den rund 860 deutschen Verteilnetzen sowie deren Anstieg binnen acht Jahren. In der durchgehend braunen Fläche rechts oben liegen die Verteilnetze von WEMAG Netz, Schleswig-Holstein Netz und EDIS Netz. Diese würden am meisten von einer gleichmäßigeren Verteilung der auf die EE-Einspeisung entfallenden Kosten der Netzentgelte profitieren, wie sie jetzt die Bundesnetzagentur vorschlägt. |
Die Bundesnetzagentur beabsichtigt eine "Festlegung zur sachgerechten Verteilung von Mehrkosten aus der der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien". Gemeint sind damit Windparks und andere Erneuerbaren-Anlagen, die üblicherweise ins Verteilnetz einspeisen. Die Massierung solcher EE-Einspeisungen in einem Netzgebiet bewirkt für den jeweiligen Netzbetreiber erhöhte Kosten und für die Verbraucher entsprechend höhere Netzentgelte, obwohl der eingespeiste Strom hauptsächlich woanders verbraucht wird. Diese regional unterschiedliche Belastung möchte die Bundesnetzagentur korrigieren. Die "Festlegung" soll im dritten Quartal 2024 erlassen werden und tritt frühestens zum 1. Januar 2025 in Kraft. Am 1. Dezember eröffnete die Behörde dazu ein Konsultationsverfahren und veröffentlichte ein 30 Seiten umfassendes Eckpunktepapier (PDF), zu dem bis 31. Januar 2024 Stellungnahmen abgegeben werden können.
Die beabsichtigte Reform würde die generell stark unterschiedlichen Netzentgelte zumindest hinsichtlich der EE-Kosten angleichen und für mehr als zehn Millionen Netzkunden eine Entlastung bedeuten. Bei der Berechnung des Netzentgelt-Ausgleichs will sich die Bundesnetzagentur auf den den Mechanismus der Umlage nach § 19 der Stromnetzentgeltverordnung stützen. Diese Umlage dient dazu, entgangene Erlöse eines Netzbetreibers auszugleichen, die dadurch entstehen, dass bestimmte Verbraucher ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Die Umlage nach § 19 StromNEV würde so von 0,4 ct/kWh auf 0,64 ct/kWh steigen, woraus sich für den Durchschnittshaushalt (3.500 kWh/a) eine jährliche Mehrbelastung von 8,40 Euro ergäbe. "Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen damit kaum spürbare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber", meint dazu die Behörde in ihrer Mitteilung.
Bei dem geplanten Verfahrens soll zunächst ermittelt werden, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung aus dem Ausbau der Erneuerbaren betroffen ist. Hierzu schlägt die Bundesnetzagentur eine Kennzahl vor, deren Grundlage die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung bildet. Wenn diese Kennzahl einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, kann die in einem zweiten Schritt ermittelte Mehrbelastung bundesweit verteilt werden. In den betroffenen Regionen sinken dadurch die Netzentgelte.
Von den derzeit 862 Verteilnetzbetreibern unterstehen rund hundert der Zuständigkeit der Bundesnetzagentur, weil sie mehr als hunderttausend Stromkunden haben oder ihr Netzgebiet Ländergrenzen überschreitet (für den großen Rest der kleineren Stromnetze sind die Landesregulierungsbehörden bei den Wirtschaftsministerien der Länder zuständig). Für diese großen Verteilnetzbetreiber hat die Behörde eine Modellrechnung durchgeführt, die ergab, dass insgesamt 17 Unternehmen berechtigt wären, ihre Mehrkosten durch die EE-Einspeisung zu wälzen. Diese Netzbetreiber versorgen rund 10,5 Millionen Netznutzer. Entlastet würden vor allem Netzbetreiber in Brandenburg (217 Mio. Euro), Schleswig-Holstein (184 Mio. Euro), Sachsen-Anhalt (88 Mio. Euro), Mecklenburg-Vorpommern (44 Mio. Euro), Bayern (40 Mio. Euro) und Niedersachsen (26 Mio. Euro). Geringe Entlastungen ergeben sich ferner für einzelne Netzbetreiber in Baden-Württemberg, Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz (siehe Tabelle).
Netzentgelte machen einen erheblichen Teil des Strompreises aus. Laut dem Monitoringbericht 2023 der Bundesnetzagentur betragen sie aktuell für Haushaltskunden durchschnittlich 9,35 Cent pro Kilowattstunde, für Gewerbekunden 7,42 Cent und für Industriekunden 3,30 Cent. Sie sind also für die Kleinverbraucher auf der Niederspannungsebene am höchsten. Aber auch hier gibt es regional und lokal große Unterschiede. Zum Beispiel liegt der mengengewichtete Mittelwert für Haushaltskunden in Bremen nur bei 6,27 Cent/kWh, aber in Brandenburg bei 12,45 Cent/kWh, womit sich diese beiden Bundesländer um jeweils 3,1 Prozentpunkte vom Bundesdurchscnnitt entfernen. Noch größer sind die Unterschiede bei den einzelnen Netzbetreibern.
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Netzbetreiber | aktuelles Entgelt (Cent/kWh) | nach Berücksichtigung des Wälzungsbetrags (Cent/kWh) |
Rückgang ggü. aktuellem Entgelt |
Rückgang ggü. aktuellem Entgelt (in Prozent) |
Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH | 7,21 |
7,12 |
0,09 |
1,2 |
Energie Waldeck-Frankenberg GmbH | 8,19 |
7,98 |
0,21 |
2,6 |
Stadtwerke Flensburg GmbH | 8,62 |
8,50 |
0,12 |
1,4 |
LEW Verteilnetz GmbH | 9,16 |
8,02 |
1,14 |
12,5 |
Mitteldeut. Netzgesellschaft Strom mbH | 9,50 |
8,96 |
0,54 |
5,7 |
EWE Netz GmbH | 8,05 |
7,86 |
0,19 |
2,4 |
Netze Mittelbaden GmbH & Co. KG | 8,09 |
8,05 |
0,04 |
0,5 |
MDN Main-Donau Netzgesellschaft mbH | 7,08 |
7,06 |
0,02 |
0,3 |
Thüga Energienetze GmbH | 9,16 |
9,11 |
0,05 |
0,5 |
Netzg. Ostwürttemberg DonauRies GmbH | 9,58 |
9,02 |
0,56 |
5,8 |
WEMAG Netz GmbH | 12,90 |
9,65 |
3,25 |
25,2 |
energis-Netzgesellschaft mbH | 10,67 |
10,59 |
0,08 |
0,7 |
Schleswig-Holstein Netz AG | 15,29 |
11,95 |
3,34 |
21,8 |
FairNetz GmbH | 9,20 |
9,20 |
<0,01 |
0,0 |
Avacon Netz GmbH | 10,15 |
10,06 |
0,09 |
0,9 |
Bayernwerk Netz GmbH | 8,62 |
8,57 |
0,05 |
0,6 |
E.DIS Netz GmbH | 14,08 |
11,21 |
2,87 |
20,4 |