September 2022

220908

ENERGIE-CHRONIK


Staat übernimmt Uniper zu 99 Prozent

Die Bundesregierung will den strauchelnden Energiekonzern Uniper zu 99 Prozent übernehmen, anstatt nur eine Beteiligung von 30 Prozent zu erwerben und dem finnischen Fortum-Konzern weiterhin die Aktienmehrheit zu überlassen, wie zunächst vorgesehen war (220702). Dies kündigte sie am 21. September an, nachdem sie sich auf ein "deutlich umfangreicheres Stabilisierungspaket" geeinigt hatte, das die am 22. Juli bekanntgegebenen Maßnahmen zur Rettung der Uniper SE ersetzt.

Kapitalbedarf hatte sich "signifikant erhöht"

Damit schaffe man bei Uniper eine klare Eigentümerstruktur, um über die Erhaltung des schwer angeschlagenen Unternehmen die Energieversorgung für Unternehmen, Stadtwerke und Verbraucher zu sichern, hieß es in einer Pressemitteilung der Bundesregierung. Die Ausweitung des Stabilisierungspaketes sei notwendig geworden, weil sich der Kapitalbedarf von Uniper durch die komplette Einstellung der vertraglich vereinbarten Gaslieferungen aus Russland und die stark gestiegenen Gaspreise "signifikant erhöht" habe. Die dadurch weiter gestiegenen Ersatzbeschaffungskosten hätten die Notlage des größten deutschen Importeurs von russischem Gas entsprechend verschärft.

Finnen bekommen acht Milliarden Euro zurück...

Der Weg zur faktischen Alleineigentümerschaft des Bundes sieht so aus, dass er im Rahmen einer 8 Milliarden Euro umfassenden Kapitalerhöhung eine Aktienbeteiligung an der Uniper SE zum Nominalwert von 1,70 Euro je Aktie erwirbt. Außerdem übernimmt er die Aktienbeteiligung des bisherigen Mehrheitsaktionärs Fortum Oyj zum Nominalwert von 1,70 Euro je Aktie, was einem Kaufpreis von rund 480 Millionen Euro entspricht. Beide Ewerbungen ergeben zusammen eine Beteiligung von rund 99 Prozent. Ferner bekommt Fortum nach der Abgabe seines Aktienpakets von der Bundesregierung acht Milliarden Euro zurück, die Uniper jeweils zur Hälfte in Form eines Gesellschafterdarlehens und eine Garantie-LInie gewährt wurden.

...und haben Erstangebotsrecht, falls Uniper verkauft

Wie Uniper ergänzend mitteilte, gehört zu den jetzt getroffenen Vereinbarungen auch, dass Fortum bis Ende 2026 ein erstes Angebot abgeben darf ("right of first offer"), falls Uniper den völligen oder teilweisen Verkauf seines schwedischen Wasserkraft- oder Kernenergie-Geschäfts beabsichtigt. Uniper bleibt weiterhin verpflichtet, die Klage gegen das niederländische Kohleausstiegsgesetz zurückziehen, die am 30. April vorigen Jahres beim ICSID-Schiedsgericht in Washington eingereicht wurde, weil das Gesetz für die Abschaltung des Kohlekraftwerks Maasvlakte bis 2030 keine Entschädigung vorsieht (210409). Ferner stehe das neue Stabilisierungspaket weiterhin unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die EU-Kommission.

Gasumlage wäre mit Verstaatlichung kaum vereinbar gewesen

Da die am 15. August bekanntgegebene Gasumlage von 2,419 Cent pro Kilowattsunde (220804) größtenteils Uniper zugute kommen sollte, hätte sie die nunmehr vorgesehene Verstaatlichung von Uniper rechtlich problematisch und vielleicht sogar verfassungswidrig gemacht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte in dieser Hinsicht Bedenken geäußert. Für die Prüfung dieser Frage zuständig war allerdings der Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Dieser erklärte noch am 21. September gegenüber der FAZ, dass Habeck die Umlage "wie geplant" ab 1. Oktober einführen könne. Aber auch dann hätte es sich wohl nur um eine Übergangslösung gehandelt, bis der Erwerb von 99 Prozent der Uniper-Aktien durch die Bundesregierung tatsächlich abgeschlossen werden kann. Mit der am 29. Septeber bekanntgegebenen Entscheidung der Bundesregierung (220904) hat sich dieses Problem dann noch vor Inkrafttreten der Umlage erledigt.

 

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