Juni 2022

220609

ENERGIE-CHRONIK


Neues finnisches Atomkraftwerk wegen Defekt abgeschaltet

Das neue finnische Kernkraftwerk Olkiluoto 3, das mit einer Verzögerung von 13 Jahren endlich fertig wurde (211204) und nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde am 22. März erstmals ins Netz einspeiste, musste schon nach wenigen Wochen aus technischen Gründen abgeschaltet werden. Wie der Betreiber TVO am 15. Juni mitteilte, handelt es sich um einen Defekt im konventionellen Teil der Anlage: Im Dampf-Zwischenüberhitzer der Turbine sei im Mai "Fremdmaterial" gefunden worden, das sich von den Dampfleitblechen gelöst habe. Dieses Material müsse nun überprüft und der Schaden behoben werden. Nach Angaben des Anlagenlieferanten (Siemens) würden die Reparaturarbeiten bis Ende Juli dauern. Erst dann könne die Stromerzeugung fortgesetzt und der Testbetrieb abgeschlossen werden. Der Beginn der regulären Stromproduktion verschiebe sich dadurch auf das Jahresende. Falls sich wesentliche Änderungen ergäben, werde dies von der Strombörse Nordpool bekanntgegeben.

Siemens muss sich auf Nachforderungen gefasst machen

"Die Auswirkungen einer Verschiebung der regulären Stromproduktion werden bewertet", hieß es in der TVO-Pressemitteilung weiter. "Der Anlagenlieferant ist verpflichtet, den Kraftwerksblock in Übereinstimmung mit dem Anlagenvertrag und dem Global Settlement Agreement fertigzustellen." Im Klartext soll dies wohl heißen, das nun weitere Nachforderungen auf das Lieferanten-Konsortium aus Areva und Siemens zukommen, mit dem TVO Ende 2021 ein "Global Settlement Agreement" zur Beilegung der jahrelangen Streitigkeiten um die horrenden Verzögerungen und Kostensteigerungen beim Bau des Kernkraftwerks vereinbart hat (211204). Da der Siemens-Konzern für den nicht-nuklearen Teil zuständig ist, werden diese Nachforderungen wohl ihn belasten.

Olkiluoto 3 könnte Wegfall der Stromimporte aus Russland ausgleichen

Die Verschiebung der regulären Stromproduktion um ein Vierteljahr kommt besonders ungelegen, weil Olkiluoto 3 die Stromimporte ausgleichen soll, die Finnland bisher aus Russland bezog und etwa zehn Prozent des finnischen Verbrauchs deckten. Der Kreml hatte diese Lieferungen am 13. Mai abrupt beendet, nachdem Finnland und Norwegen ihre Absicht bekundeten, die Aufnahme in die NATO zu beantragen. Formal begründete das staatliche russische Energieuntenehmen RAO den Abbruch der langjährigen Lieferbeziehung mit Verzögerungen im Zahlungsverkehr mit der Strombörse Nordpool.


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