August 2017 |
170805 |
ENERGIE-CHRONIK |
Auch in Deutschland bekommen die Hersteller von Windkraftanlagen den verschärften Wettbewerb und Preisdruck zu spüren, der hier vor allem dadurch entsteht, daß die Förderung neuer Anlagen auf Ausschreibungen umgestellt wird. Als Kehrseite des sinkenden Förderungsbedarfs für Anlagen an Land (170504, 170801) und vor der Küste (170401) sinken die Margen bei den Unternehmen, was wiederum Einsparmaßnahmen bis hin zu Entlassungen zur Folge hat. Wie Gamesa haben auch Senvion (170808) und Nordex wegen der flauen Geschäftslage einen Stellenabbau angekündigt. Die dänische Vestas meldete ebenfalls rückläufige Umsatz- und Ergebniszahlen. |
Der neue Weltmarktführer bei Windkraftanlagen, der aus der Zusammenlegung der Siemens Wind Power mit dem spanischen Hersteller Gamesa entstand (160601), hat dem Siemens-Konzern bisher ein enttäuschendes Ergebnis beschert: In den den vier Monaten seit dem Neustart ist der Kurs der Aktie fast um die Hälfte eingebrochen. Der Grund dafür ist ein weltweiter Auftragsrückgang.
Die Fusion von Siemens Wind Power und Gamesa wurde am 3. April mit der Eintragung ins Handelsregister der spanischen Stadt Bilbao abgeschlossen. Am 26. Juli legte die Siemens Gamesa Renewable Energy S.A., wie das fusionierte Unternehmen jetzt heißt, ihren ersten Vierteljahresbericht vor. Demnach hat sich der weltweite Auftragseingang, der bei beiden Fusionspartnern von April bis Juni 2016 noch 2.729 MW betrug, auf 1.398 MW verringert, also fast halbiert. Die Aufträge für landgestützte Windkraftanlagen gingen sogar von 1.662 MW auf 693 MW zurück, also um 58 Prozent.
Hauptursache war Indien, wo der Markt infolge der Umstellung des Vergabeverfahrens auf Auktionen zusammengebrochen ist. Entsprechend schrumpften die Aufträge im bislang wichtigsten Wirtschaftsraum Asien um 87 Prozent. Aber auch im Wirtschaftsraum Europa-Arabien-Afrika wurden fast 15 Prozent weniger landgestützte Windkraftanlagen verkauft, und auf dem amerikanischen Kontinent waren es sogar 53 Prozent weniger.
Obwohl oder gerade weil der Kurs von Gamesa auf Talfahrt ging, gab sich Siemens in einer Pressemitteilung vom 28. Juli optimistisch und erwartet insgesamt eine Marktbelebung im Erneuerbaren-Sektor. Schwellenmärkte würden weiterhin eine bedeutende Rolle spielen. Die Einführung von Auktionsmodellen werde sogar zur Neubelebung entwickelter Märkte wie Spanien oder Frankreich beitragen, die in den vergangenen fünf Jahren praktisch verschwunden gewesen seien. Die starken Einbrüche bei Offshore-Anlagen seien mit den "üblichen Schwankungen" zu erklären. In diesem Marktsegment bleibe Siemens mit Gamesa der Marktführer und erwarte bis 2020 sogar eine jährliche Wachstumsrate von 24 Prozent.
Gamesa will nun die mit der Fusion angestrebten "Synergien" bzw. Einsparungen schneller als vorgesehen realisieren, um dem Verfall der Erlöse entgegenzusteuern. Am 18. August wurde die Beseitigung von 600 Arbeitsplätzen im dänischen Werk Aalborg angekündigt, wo bislang 2.100 Mitarbeiter mit der Produktion von Offshore-Anlagen beschäftigt sind. Von der Entlassung bedroht sind auch die 600 Beschäftigten des Werks von Adwen (früher Areva bzw. Multibrid) in Bremerhaven. Siemens hat dieses frühere Gemeinschaftsunternehmen von Gamesa und Areva notgedrungen mitübernehmen müssen, um die Fusion vollziehen zu können (160909). Es wird aber nicht gebraucht, weil der Konzern gerade im Offshore-Geschäft bereits eine starke Position hatte und dafür im benachbarten Cuxhaven ein neues Werk errichtet. Die Produktion bei Adwen ist bereits ausgelaufen, nachdem mit den 5-MW-Windkraftanlagen, welche die spanische Iberdrola für ihren Ostsee-Windpark "Wikinger" bestellt hatte, der letzte Auftrag abgearbeitet wurde.