April 2017

170407

ENERGIE-CHRONIK


Streit um Kraftwerk Moorburg geht weiter

Der seit zehn Jahren andauernde Streit um die Umweltschutzauflagen für das Steinkohle-Kraftwerk Moorburg in Hamburg geht weiter: Am 26. April gab der Europäische Gerichtshof in Luxemburg der Klage statt, welche die EU-Kommission vor zwei Jahren gegen die Bundesrepublik erhob, weil sie die EU-Habitat-Richtlinie verletzt habe (150302). Die Richter gelangten ebenfalls zu der Ansicht, daß bei der 2008 erfolgten Genehmigung des Kraftwerks (080904) "keine korrekte und vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt" worden sei. Die Bundesrepublik habe damit gegen Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 verstoßen, welche die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen schützen soll.

Kühlturm muß fortan ständig in Betrieb sein

"Wir werden das Urteil jetzt sorgfältig prüfen und uns umgehend darum kümmern, dieses umzusetzen", erklärte dazu der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Bis auf weiteres werde das Kraftwerk nur mit dem Kühlturm betrieben werden können, den der Eigentümer Vattenfall eigentlich nur in Ausnahmefällen einsetzen wollte, wenn die kostengünstigere Frischwasserkühlung durch die Elbe wegen zu geringer Wasserführung oder zu hohen Temperaturen nicht in Frage kommt.

Fischtreppe kein Ausgleich für Fischtod durch Wasserentnahme

Konkret beanstandeten die Richter, daß der Bau einer Fischtreppe an der stromaufwärts gelegenen Staustufe Geesthacht als Ausgleich für die Gefährdung des Fischbestands durch die Frischwasserkühlung angesehen wurde. Für die Fische ist diese Treppe zur Überwindung des Wehrs zwar hilfreich. Sie nützt ihnen aber nur dann etwas, wenn sie das Kraftwerk lebend passieren können, ohne in den Sog der Wasserentnahme zu geraten.

Pumpspeicherkraftwerk hätte mit berücksichtigt werden müssen

Ferner monierte das Gericht, daß die Behörden die "kumulativen Auswirkungen" nicht berücksichtigt haben, die sich aus dem seit 1958 bestehenden Pumpspeicherkraftwerk Geesthacht ergeben. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß diese Anlage schon vor Erlaß der Habitat-Richtlinie im Jahr 1992 errichtet wurde. Die Behörden müßten vielmehr "alle Projekte berücksichtigen, die zusammen mit dem Projekt, dessen Genehmigung beantragt wird, die mit der Richtlinie verfolgten Ziele erheblich beeinträchtigen können, auch wenn sie bereits vor der Umsetzung der Richtlinie bestanden".

Antrag für Laufwasserkraftwerk fehlte Genehmigungsfähigkeit

Nach Ansicht der EU-Kommission hätte außerdem ein geplantes Laufwasserkraftwerk mit einer Leistung von 13 MW in die Umweltverträglichkeitsprüfung miteinbezogen werden müssen, dessen Errichtung von den kommunalen Wirtschaftsbetrieben der Stadt Geesthacht am 22. Mai 2008 bei der Wasserbehörde beantragt worden war. In diesem Punkt wurde der Klage nicht stattgegeben. Das Gericht begründete dies damit, daß der Antrag von vornherein nicht genehmigt werden konnte: Die seit einem halben Jahrhundert ungenutzten Rechte zur Errichtung eines Laufwasserkraftwerks an der Staustufe Geesthacht liegen nämlich bei Vattenfall als Nachfolger der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). Vattenfall hätte sie erst den Kommunalbetrieben abtreten müssen, bevor diese den Antrag einreichen.

 

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