Oktober 2016 |
161010 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die ostdeutschen Braunkohlekraftwerke und dazugehörigen Tagebaue, die Vattenfall gegen Aufzahlung dem tschechischen EPH-Konzern überlassen hat (160401), tragen seit 12. Oktober neue Namen: Aus der Vattenfall Europe Generation AG wurde die Lausitz Energie Kraftwerke AG und aus der Vattenfall Europe Mining AG die Lausitz Energie Bergbau AG. Beide Firmen haben ihren Sitz weiterhin in Cottbus, verfügen über einen gemeinsamen Vorstand und treten nach außen als LEAG auf.
Im Handelsregister wird man die LEAG vergebens suchen. Es handelt sich um ein Kunstwort, das beim Deutschen Patent- und Markenamt als Wort- und Bildmarke eingetragen ist. Es assoziiert gewissermaßen eine "Lausitz Energie AG" als virtuelle Holding. Klanglich erinnert die Abkürzung an die einstige ostdeutsche Verbundgesellschaft VEAG, die vor knapp 16 Jahren samt ihren Braunkohle-Kraftwerken und den dazugehörigen Tagebauen dem Vattenfall-Konzern einverleibt wurde (001201).
Eigentümer der beiden Vattenfall-Nachfolger sind jeweils zur Hälfte der tschechische Konzern Energeticky a Prumyslovvy Holding (EPH) und dessen Finanzpartner PPF Investments. Die EPH gehört offiziell zu jeweils 37 Prozent den beiden Finanzmogulen Daniel Kretinsky und Patrik Tkac sowie zu 26 Prozent der J&T Private Equity Group. Als wichtigste Hintermänner dieser slowakischen Finanzgruppe gelten die Gebrüder Jozef und Patrik Tkac sowie Ivan Jakabovic. Die PPF Investments hat ihren Sitz auf der britischen Kanalinsel Jersey. Wie sich den spärlichen Angaben auf ihrer Internet-Seite entnehmen läßt, wird sie von einem gewissen Tomas Brzobohaty als Mehrheitsgesellschafter kontrolliert. Im Detail ist das Firmengeflecht aber noch wesentlich komplizierter (160401).
Der EPH gehört seit 2012 bereits das mitteldeutsche Braunkohlerevier der Mibrag (130107) sowie seit 2013 das kleine Helmstedter Revier mit dem Kraftwerk Buschhaus (161009). Laut Greenpeace hat sie bei der Mibrag Rückstellungen für Bergbaufolgen in Höhe von knapp 130 Millionen Euro aufgelöst und die zu erwartenden Kosten der Rekultivierungsmaßnahmen schöngerechnet. Auf diese Weise habe EPH den Kaufpreis in Höhe von 404 Millionen Euro komplett refinanzieren können. In ähnlicher Weise sei nun zu befürchten, "daß EPH das Kapital aus der von Vattenfall übernommenen Braunkohle-Sparte und den übertragenen Rückstellungen herauszieht, in der Zukunft Insolvenz anmeldet oder sich durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen einer Haftung entzieht" (160705).
Mit dem Kaufvertrag vom 18. April 2016 übernahm EPH von Vattenfall insgesamt 13 Braunkohle-Blöcke an den Standorten Jänschwalde, Boxberg, Schwarze Pumpe und Lippendorf mit einer Gesamtleistung von 7.592 Megawatt netto (siehe 150902). Hinzu kamen die Tagebaue Jänschwalde, Nochten, Welzow-Süd und Reichwalde sowie der inzwischen stillgelegte Tagebau Cottbus-Nord. An den sieben Pumpspeicherkraftwerken, die Vattenfall in Verbindung mit dem Braunkohlegeschäft wahlweise mit angeboten hatte (siehe 150902), zeigten die Tschechen dagegen kein Interesse. Diese Vermögenswerte wurden deshalb von der Vattenfall Europe Generation AG abgespalten, bevor der neue Eigentümer das Unternehmen quasi geschenkt bekam.
Alle Gremien der bisherigen Vattenfallsparten bleiben in ihrer Konstellation bestehen. An der Spitze des gemeinsamen Vorstands der beiden Unternehmen steht Helmar Rendez. Der 54-jährige Manager war seit 2015 Mitglied des Vorstandes der Vattenfall Europe Mining AG sowie der Vattenfall Europe Generation AG. Der frühere Vorstandsvorsitzende Hartmuth Zeiß amtiert nun als Vorsitzender der beiden Aufsichtsräte.