März 2016

160306

ENERGIE-CHRONIK


Für Vattenfalls Braunkohle-Kraftwerke gibt es nur zwei Interessenten

Trotz intensiver Bemühungen ist es dem Vattenfall-Konzern nicht gelungen, mehr als zwei Interessenten für seine 13 ostdeutschen Braunkohle-Blöcke und die dazugehörigen Tagebaue zu finden (150902). Bis zum 16. März, an dem die zuletzt geltende Bieterfrist ablief, legten lediglich zwei Unternehmen verbindliche Kaufangebote vor. Es handelt sich um die beiden tschechischen Unternehmen EPH und Czech Coal. Obwohl sie separate Angebote vorlegten, wollen sie die Erwerbung anscheinend unter sich aufteilen. Die Höhe der gebotenen Kaufpreise ist nicht bekannt. Sie dürfte aber allenfalls ein paar hundert Millionen Euro betragen, obwohl nach der "Wende" einst -zig Milliarden Mark in den Neubau und die Modernisierung der ostdeutschen Braunkohlekraftwerke investiert worden sind.

Der EPH-Konzern gehört drei privaten Großaktionären und ist der zweitgrößte Energieversorger in Tschechien. Seine Tochter EP Energy erwarb bereits den ostdeutschen Braunkohleförderer Mibrag (130107). Ende 2013 übernahm die Mibrag außerdem von E.ON das Braunkohlerevier bei Helmstedt mit dem Kraftwerk Buschhaus (130907). Die Czech Coal Group ist ein Kohleförderer und Energiehändler, der von dem Finanzmagnaten Pavel Tykac beherrscht wird.

Dem Energiekonzern CEZ waren am Ende doch die Risiken zu groß

Der in Osteuropa führende tschechische Energiekonzern CEZ, der mehrheitlich dem Staat gehört, hatte in den vergangenen Monaten ebenfalls Interesse bekundet und am 21. Dezember ein unverbindliches Angebot eingereicht. Er war aber zum Schluß wieder abgesprungen. In einer Mitteilung vom 16. März begründete er dies mit einer ausführlichen Analyse aller Chancen und Risiken: "Die Hauptgründe gegen die Vorlage eines verbindlichen Angebots sind die fortdauernde negative Entwicklung der Großhandelsstrompreise, die Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Indizes und die Betriebsdauer klassischer Elektrizitätswerke haben, sowie die anhaltende Unsicherheit im Hinblick auf die vorzeitige Drosselung des Einsatzes von Kohleressourcen in Deutschland."

Steag bietet sich als Betriebsführer unter dem Dach einer Stiftung an

Eine weitere Offerte war vom Steinkohleverstromer Steag erwartet worden, der sechs Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet gehört (140814). Es zeigte sich aber, daß die Steag keinen Kauf beabsichtigt, sondern die Umwandlung des Vattenfall-Braunkohlegeschäfts in eine Stiftung vorschlägt, in der sie die Betriebsführung übernehmen würde. Das Stiftungskapital würde der australische Finanzkonzern Macquarie bereitstellen, der bereits die Ferngasnetze von E.ON und RWE übernommen hat und auf der Suche nach weiteren Beteiligungen in der deutschen Energiewirtschaft ist (120507, 101204, 150306). Vattenfall würde überhaupt nichts erlösen, sondern müßte sogar zwei Milliarden Euro für die Sanierung der Folgen der Braunkohleförderung zur Verfügung stellen.

Die Inspiration scheint von Greenpeace gekommen zu sein

Ähnlich klang eine offizielle Interessenbekundung, die schon im Oktober vorigen Jahres ausgerechnet die Umweltorganisation Greenpeace abgab: Sie schlug ebenfalls die Gründung einer Stiftung vor, die von Vattenfall zwei Milliarden Euro zur Bewältigung der Braunkohle-Folgelasten erhält. Es scheint, als habe sich der Vorsitzende der Bergbaugewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, der als eigentlicher Urheber des Steag-Vorschlags gilt, von diesem PR-Gag inspirieren lassen. Ein ganz wesentlicher Unterschied dürfte allerdings darin bestehen, daß im einen Fall die Braunkohlekraftwerke möglichst bald stillgelegt und im anderen möglichst lange laufen würden.

Letztendlich wird nicht das Management von Vattenfall, sondern die schwedische Regierung darüber entscheiden, für welchen Preis der Staatskonzern sein ostdeutsches Braunkohlegeschäft verramscht oder sogar verschenkt. "Wir werden kein schlechtes Geschäft vorschlagen, nur um die Braunkohle loszuwerden", unterstrich der Verwaltungsratsvorsitzende von Vattenfall, Lars Nordström, am 16. März in einem Interview mit der schwedischen Zeitung Dagens Industri. Ganz und gar unrealistisch scheint der Vorstoß der Steag aber nicht zu sein, wie die Reaktion des tschechischen Energiekonzerns CEZ zeigt: Er verband seine Absage an einen normalen Kauf mit der Bereitschaft, "auch in Zukunft über die Bedingungen und Varianten des Verkaufs zu verhandeln".

 

Links (intern)