Mai 2015

150507

ENERGIE-CHRONIK


EnBW will den Windpark-Betreiber Prokon übernehmen

Die Energie Baden-Württemberg will den Windpark-Betreiber Prokon Regenerative Energien GmbH übernehmen. Wie sie am 12. Mai mitteilte, hat sie dem Insolvenzverwalter im Rahmen eines Bieterverfahrens ein verbindliches Angebot gemacht und wurde daraufhin vom Gläubigerausschuß als bevorzugter Investor ausgewählt. Der Kaufpreis liege in der Höhe eines "mittleren dreistelligen Millionenbetrags in Form einer Barzahlung". Die EnBW übertraf damit ein konkurrierendes Angebot des Solar- und Windparkbetreibers Capital Stage, der ebenfalls an der Übernahme der 54 Prokon-Windparks mit einer installierten Leistung von 537 MW interessiert war.

Insolvenzverwalter bietet Gläubigern auch eine Genossenschafts-Lösung an

Ob die EnBW tatsächlich zum Zug kommt, hängt allerdings von der Gläubigerversammlung ab, die Anfang Juli in der Hamburger Messe stattfindet. Ein erheblicher Teil der rund 75.000 Kleinanleger, die in "Genußscheine" von Prokon investiert haben, strebt noch immer eine andere Lösung an, bei der die Ansprüche der Gläubiger in eine Genossenschaft zur Fortführung von Prokon eingebracht würden. Der Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin hat angekündigt, beide Möglichkeiten zur Beendigung des Insolvenzverfahrens anzubieten. Bis Anfang Juni will er den insgesamt fast 100.000 Gläubigern die entsprechenden Insolvenzpläne zukommen lassen, so daß sie sich für die eine oder die andere Variante entscheiden können. In beiden Fällen müssen die Kleinanleger damit rechnen, rund die Hälfte ihres Kapitals zu verlieren. Die Umwandlung von Prokon in eine Genossenschaft würde voraussetzen, daß eine ausreichende Zahl an Genußrechtsinhabern zur Umwandlung ihrer Insolvenzansprüche in Mitgliedschaftsrechte bereit ist und so die Eigenkapitalquote erreicht wird, die vom zuständigen Genossenschaftsverband als erforderlich angesehen wird.

EnBW wirbt mit Offenem Brief um Zustimmung der Kleinanleger

Die EnBW will möglichst viele der 75.000 Genußschein-Gläubiger davon überzeugen, daß die von ihr beabsichtigte Übernahme des Unternehmens die bessere Lösung ist. Als erstes hat sie die vage Angabe eines "mittleren dreistelligen Millionenbetrags" dahingehend präzisiert, daß sie sich den Erwerb von Prokon 550 Millionen kosten lassen will. Ende Mai wandte sich außerdem ihr Vorstandsvorsitzender Frank Mastiaux direkt an die Gläubiger. Der Text wurde in Form eines Offenenen Briefs als Anzeige veröffentlicht, da der Insolvenzverwalter die Überlassung der Adressen verweigerte.

"Sie haben jetzt die Möglichkeit, mit der EnBW einen starken Partner an die Seite von Prokon zu holen, der die Energiewende als Chance begreift und sie konsequent mitgestalten will", hieß es in den Anzeigen. "Wir werden in den nächsten Jahren 3,5 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investieren und weitere 3 Milliarden Euro in Stromnetze, um Wind- und Solarenergie zu transportieren. Bereits ab 2020 wird unser Geschäft zu fast 90 % nicht mehr auf Kraftwerken beruhen."

Prokon hatte das eingesammelte Kapital hauptsächlich zur Schuldentilgung verwendet

Der Windpark-Betreiber mußte Anfang 2014 Insolvenz anmelden, weil die andauernde Kritik an seinem Geschäftsgebaren die Geldgeber hellhörig werden ließ (130805) und er nicht in der Lage war, die Ansprüche sämtlicher Kleinanleger zu befriedigen, die nun ihre Anlageverträge kündigten (140107). Tatsächlich hatte er die 1,4 Milliarden Euro, die er mit dem Verkauf der Genußscheine eingesammelt hatte, hauptsächlich zur Schuldentilgung verwendet, anstatt sie werthaltig anzulegen. Zum Beispiel stieg im Hauptgeschäft mit Windparks die installierte Leistung von 2007 bis 2013 nur von 359 auf 526 Megawatt, während sich das Genußrechtskapital im selben Zeitraum um das 14-fache erhöhte. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) kannte die Schieflage des Unternehmens und das Risiko, das mit dem Erwerb der Genußrechte verbunden war. Sie unternahm aber nichts zum Schutz der Anleger und wusch ihre Hände in Unschuld, weil sie zur Kontrolle des sogenannten Grauen Kapitalmarktes nicht befugt sei (140209).

Kleinanlegerschutzgesetz erweitert Handlungsspielraum der Bafin

Die Prokon-Affäre trug deshalb entscheidend dazu bei, daß der Bundestag am 23. April das "Kleinanlegerschutzgesetz" beschloß, das die Verbraucher künftig besser vor hochriskanten und intransparenten Finanzprodukten schützen soll. Es erweitert die Befugnisse der Bafin, die künftig vor dubiosen Finanzprodukten warnen und sie gegebenenfalls untersagen kann. Die Bundesanstalt wird ferner ermächtigt, bei den Anbietern von Vermögensanlagen eine Sonderprüfung der Rechnungslegung anzuordnen. Das Gesetz kann in Kraft treten, wenn sich der Bundesrat abschließend damit befaßt hat, was voraussichtlich am 12. Juni der Fall ist.

 

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