Februar 2014

140209

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Prokon begann 2003 mit dem Verkauf von Genußrechten. Während das so eingesammelte Kapital explodierte, ging es mit der Investitionstätigkeit eher gemächlich voran. Zum Beispiel stieg im Hauptgeschäft mit Windparks die installierte Leistung von 2007 bis 2013 nur von 359 auf 526 Megawatt. Das war ein Anstieg um die Hälfte, während sich im selben Zeitraum das Genußrechtskapital um das 14-fache erhöhte.

Quellen: Bundesanzeiger/Prokon

Prokon verwendete frisches Kapital zur Schuldentilgung

Der Windpark-Betreiber Prokon baute ab 2009 sein Finanzierungsmodell mit Genußrechten deshalb so kräftig aus, weil er sich bereits in Schieflage befand und das eingesammelte Geld zur Schuldentilgung benötigte. Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) war dies bekannt. Sie sah sich aber nicht veranlaßt, deshalb die Käufer von Prokon-Genußrechten über den Sachverhalt aufzuklären und vor dem erhöhten Risiko eines Kapitalverlusts zu warnen. Dies berichtete am 4. Februar das "Handelsblatt", dem ein entsprechender Briefwechsel zwischen Prokon und der Bafin zum Windparkfonds "Energy III" zugespielt wurde.

Bafin beanstandete "bankähnliches Geschäft" bei Windpark-Fonds

Demnach hatte die Bafin 2008 das bisherige Geschäftsmodell bei den Prokon-Windparks beanstandet, die als geschlossene Fonds in Form einer Kommanditgesellschaft konzipiert waren. Sie verlangte die Abwicklung dieser Fonds, weil den Kommanditisten – unabhängig vom tatsächlichen Geschäftserfolg – feste Ausschüttungen in Höhe von fünf bis sieben Prozent ihrer Kapitalanlage versprochen wurden. Dies stelle ein bankähnliches Geschäft dar und sei deshalb unzulässig.

Prokon sah sich aber außerstande, "das Eigenkapital an die Kommanditisten durch die Aufnahme neuer Kredite und Beleihungen von Vermögenswerten zurückzuzahlen", wie Firmenchef Rodbertus der Bafin in dem vorliegenden Briefwechsel mitteilte. Das Eigenkapital von "Energy III" sei aufgezehrt und die Windparks an die Banken verpfändet. Ersatzweise bat Rodbertus die Bafin um eine Frist von sechs Monaten, um das benötigte Geld zur Abfindung der Kommanditisten aufzutreiben. Dies sollte durch die Ausgabe neuer Genußscheine geschehen, wobei er mit einem "wöchentlichen Zufluß von Anlegergeldern in Höhe von 650.000 Euro" rechnete.

In der Tat gelang es Rodbertus auf diese Weise, die auf den Windparks lastenden Schulden abzulösen und die Auflagen der Bafin zu erfüllen. Laut den im "Bundesanzeiger" veröffentlichten Geschäftsberichten stieg die Darlehenssumme, die die Prokon Regenerative Energien GmbH & Co. KG anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe zur Verfügung stellte, von Ende 2008 bis Ende 2009 von 150,2 auf 278,5 Millionen Euro. Das war ein Zuwachs um gut 128 Millionen Euro. Bis Ende 2010 hatten 28.407 Anleger insgesamt 477 Millionen Euro in Prokon-Genußscheine investiert. Ein Jahr später waren es bereits 730 Millionen Euro. Als das Genußrechtekapital 2013 auf knapp 1,4 Milliarden stieg, nannte Prokon-Chef Rodbertus als "vorläufiges Zeichnungsziel" sogar 12 Milliarden Euro.

Bafin wäscht ihre Hände in Unschuld

Diese Summen wären allerdings wohl kaum zusammengekommen, wenn die Anleger gewußt hätten, daß sie zunächst einmal der Schuldentilgung dienten. Schließlich bot Prokon die Genußrechte in seiner Werbung als "Investition in zukunftssichere Sachwerte" sowie als "Alternative zu Bank oder zur Lebensversicherung" an. Es war sogar von einem "grünen Sparbuch" die Rede.

Die Bafin unternahm jedoch nichts zum Schutz der Anleger. Sie verteidigt ihr Verhalten damit, daß sie zur Kontrolle des sogenannten Grauen Kapitalmarktes nicht befugt sei. "Dort bewegen sich Anbieter, die Geschäfte treiben, für die sie keine Erlaubnis der Bafin brauchen, und die wir auch nicht beaufsichtigen", erklärte die Bafin-Präsidentin Elke König auf ihrem Neujahrspresseempfang am 16. Januar, als sich das Insolvenzrisiko für Prokon bereits abzuzeichnen begann. "Für Anleger lauern in dieser aufsichtsfreien Zone unkalkulierbare Gefahren. Vorgehen können wir gegen die Anbieter nicht, denn sie nutzen Gesetzeslücken, und wo kein Gesetz, da keine Handhabe."

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