Januar 2015 |
150106 |
ENERGIE-CHRONIK |
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 1.766 landgestützte Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von 4.750 MW neu installiert. Wie der Bundesverband Windenergie (BWE) und der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am 29. Januar mitteilten, ist ein derartiger Zubau noch nie erreicht worden. Auch unter Berücksichtigung des Abbaues von 544 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von 364 MW ergibt sich ein Nettozuwachs von 4.386 MW. Der bisherige Zubau-Rekord des Jahres 2002 mit 3.240 MW (120206) wird damit weit übertroffen.
"Die massive Unterstützung der Bundesländer für die Energiewende zeigt ihre Wirkung", kommentierten die beiden Branchenverbände die Zahlen, die in ihrem Auftrag von der Deutschen Windguard GmbH ermittelt wurden. BDEW-Präsident Hermann Albers meinte: "Dies war nur möglich, weil Landesregierungen von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern, vom Saarland bis Schleswig-Holstein unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe von Fukushima seit 2011 neue Flächen für die Nutzung der Windenergie an Land ausgewiesen hatten."
Weniger Begeisterung dürfte der Rekord bei der Bundesregierung auslösen: Der im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgesehene "Korridor" für neue Windkraft-Kapazitäten wird damit weit nach oben verlassen. Vorgesehen ist ein Zubau von jährlich 2.400 bis 2.800 MW. Tatsächlich liegt er nun um 1.786 MW höher. Der § 29 EEG sieht zwar eine in fünf Stufen unterteilte Verschärfung der vierteljährlichen Degression von 0,4 Prozent vor, wenn der Korridor nach oben verlassen wird. Diese Verschärfung endet indessen bei der Schwelle von 800 MW und einer maximalen Erhöhung der Degression auf 1,2 Prozent. Daß die Überschreitung doppelt so hoch ausfallen könnte, hat der Gesetzgeber offenbar nicht einkalkuliert. Vor allem gelten alle vorgesehenen Degressionen der Vergütungssätze erst ab dem Jahr 2016.
Da die Projektierung und Errichtung von Windkraftanlagen eine gewisse Zeit beansprucht, dürfte der ungewöhnlich starke Zubau des vergangenen Jahres hauptsächlich auf die Unsicherheiten im Vorfeld der EEG-Reform zurückzuführen sein. Ursprünglich hatte die Große Koalition vereinbart, die Windkraft-Förderung auf gute Standorte zu beschränken (131101). Konkret sollte die Neuregelung so aussehen, daß die Anfangsvergütung nach fünf Jahren sowohl für sehr gute als auch für eher schlechte Standorte entfällt (140101). Auf Betreiben der Windkraft-Lobby bekam die Große Koalition dann aber über die Länderregierungen in Stuttgart, München und Kiel kräftigen Gegenwind aus den eigenen Reihen (140102). So kam es zu einer einschneidenden Korrektur an der ursprünglich geplanten EEG-Reform (140403), mit der die ursprüngliche Intention, den Zubau auf relativ ertragsstarke Standorte zu beschränken, geradezu auf den Kopf gestellt wurde (140601).
Unverändert blieb allerdings der in den Eckpunkten zur EEG-Reform vorgesehene "Zielkorridor" mit einem jährlichen Zubau von 2.400 bis 2.600 MW (140101). Bei der Vielzahl von ertragsschwachen Standorten, die nun doch als förderungswürdig gelten, würde es deshalb nicht verwundern, wenn auch in den nächsten Jahren der Zubau landgestützter WKA-Kapazitäten diesen Korridor deutlich überschreiten würde. Und auch die ab 2016 fälligen Abstriche an den Vergütungen werden dafür sorgen, daß zumindest in diesem Jahr die vorgesehene Begrenzung auf 2.600 MW nochmals kräftig übertroffen wird.