Mai 2012

120510

ENERGIE-CHRONIK


Schwarz-gelb verteidigt Kredithilfe für brasilianisches Kernkraftwerk

Zwei Anträge der Oppositionsparteien, die sich gegen die Kredithilfe für das brasilianische Kernkraftwerk Angra 3 richten (120307), wurden vom Bundestag am 24. Mai an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Aus den dabei zu Protokoll gegebenen Reden geht hervor, wie die schwarz-gelbe Koalition diese und andere Bürgschaften für KKW-Projekte zu rechtfertigen gedenkt. Das Hauptargument ist offenbar, "daß wir eben genau durch die Gewährung von Garantien für Nukleartechnologie Einfluß nehmen auf die Umsetzung hoher Umwelt- und Sicherheitsstandards am Standort Angra 3", wie es der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß ausdrückte. "Der sichere Betrieb von Kernkraftwerken macht eben nicht vor Grenzen halt. Deshalb ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Technologie- und Sicherheitsfragen so wichtig."

Als weiteres Argument führte Bareiß an, daß die Bürgschaft beim "deutschen Unternehmen Areva NP GmbH" rund 1500 Arbeitsplätze sichere. Gemeint ist damit die in Erlangen ansässige Tochter des französischen Atomkonzerns Areva, die das frühere Nukleargeschäft von Siemens übernommen hat. Hinzu kämen weitere tausend Stellen bei kleinen und mittleren Zulieferern. Wie andere Exportkreditgarantien habe deshalb die Bürgschaft für Angra 3 "eine wichtige beschäftigungspolitische Bedeutung".

"Es geht hier um deutsche Lieferungen, deutsche Produkte, deutsches Know-how, deutsche Wertschöpfung", betonte auch der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein. Er hielt SPD und Grünen vor, daß sie zur Zeit der rot-grünen Koalition mit solchen Bürgschaften die Nachrüstung der Kernkraftwerke Krsko (Slowenien), Atucha I (Argentinien) und Ignalina (Litauen) sowie die Lieferung von Leittechnik für den Bau des KKW Lianyungang/Shanghai in China unterstützt hätten. Die Verlängerung der Bürgschaftszusage für Angra 3 sei bis September 2012 befristet und von Sicherheitsauflagen abhängig gemacht worden. Ob diese Auflagen erfüllt wurden, habe noch nicht abschließend geklärt werden können. Zudem werde ein vom Betreiber Eletronuclear geplanter Stresstest wohl erst Ende Juni dieses Jahres abgeschlossen. Erst dann könnten Risiken wie Erdbeben, Hochwasser und Ausfall der Stromversorgung bewertet werden.

"In der EU oder den USA würde Angra 3 nicht genehmigt"

Nach Darstellung des SPD-Abgeordneten Rolf Hempelmann wurden die Richtlinien für Hermes-Bürgschaften unter der rot-grünen Regierung so überarbeitet, daß sie die Exportförderung von Nukleartechnologien zum Neubau bzw. zur Umrüstung von Atomanlagen ausschlossen. Die jetzige Bundesregierung habe dies kurz nach ihrem Amtsantritt 2009 rückgängig gemacht. Spätestens seit ihrer atompolitischen Wende im März 2011 müsse man sie deshalb auffordern, die alten Richtlinien wieder in Kraft zu setzen.

"Angra 3 entspricht nicht den internationalen Anforderungen", unterstrich die Abgeordnete Ute Koczy von den Grünen, die gemeinsam mit der Linken einen der beiden Anträge gestellt haben. In der EU oder den USA würde das KKW keine Genehmigung erhalten, weil es grundlegende Sicherheitsstandards nicht erfülle. Dies ergebe sich auch aus dem von der Bundesregierung angeforderten Gutachten, das Areva inzwischen freigegeben habe. Der angekündigte Stresstest sei nichtssagend und bedeutungslos, weil er vom Betreiber selber durchgeführt wird und die ihn bewertende brasilianischen Atombehörde keine unabhängige Einrichtung sei. Die endgültige Entscheidung über die Bürgschaft für Angra 3 werde zeigen, wie ernst es Schwarz-Gelb mit dem Atomausstieg sei. "Denn in Deutschland aus der Atomkraft auszusteigen und gleichzeitig Atomexporte ins Ausland zu fördern, ist schizophren und atompolitische Heuchelei".

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