April 2012 |
120409 |
ENERGIE-CHRONIK |
Auf dem deutschen Gasmarkt ist bei der Belieferung von regionalen Ferngasunternehmen und anderen Weiterverteilern noch immer E.ON Ruhrgas führend. Der Abstand zu den Konkurrenten hat sich aber deutlich verringert. Im Vergleich mit Wingas/VNG war der Anteil von E.ON im Jahr 2010 nur noch geringfügig höher, während er 2008 noch um zwanzig und 2009 um zehn Prozentpunkte höher lag. Gegenüber RWE ging der Anteil von E.ON vom Vierfachen auf das Doppelte zurück. Der Rückgang betraf dabei nur das Marktgebiet NetConnect, das hauptsächlich aus dem Netzgebiet der ehemaligen E.ON Gastransport besteht (090911) und in dem E.ON 2008 noch über einen Marktanteil von 70 bis 75 Prozent verfügte. Dies ergibt sich aus der inzwischen vorliegenden schriftlichen Begründung für den Beschluß des Bundeskartellamtes, der Gazprom die Aufstockung ihrer Beteiligung am ostdeutschen Ferngasunternehmen VNG zu erlauben (120106).
Das Bundeskartellamt hatte im Rahmen dieses Verfahrens die Anteile der überregionalen Ferngasgesellschaften an der Belieferung von Weiterverteilern für die Jahre 2008, 2009 und 2010 ermittelt. Dabei ergab sich für die beiden verbliebenen Marktgebiete NetConnect und Gaspool (100811) sowie bundesweit das folgende Bild:
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NetConnect |
Gaspool |
bundesweit |
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| 2008 | 2009 | 2010 | 2008 | 2009 | 2010 | 2008 | 2009 | 2010 | |
| VNG | 0%-5% | 0%-5% | 5%-10% | 25%-30% | 20%-25% | 20%-25% | 10%-15% | 10%-15% | 15%-20% |
| Wingas | 0%-5% | 0%-5% | 0%- 5% | 30%-35% | 25%-30% | 20%-25% | 10%-15% | 10%-15% | 10%-15% |
| E.ON | 70%-75% | 55%-60% | 50%- 55% | 10%-15% | 10%-15% | 10%-15% | 45%-50% | 35%-40% | 30%-35% |
| RWE | 10%-15% | 20%-25% | 20%- 25% | 5%-10% | 5%-10% | 5%-10% | 5%-10% | 15%-20% | 15%-20% |
| ExxonMobil | 0%-5% | 0%-5% | 0%- 5% | 15%-20% | 10%-15% | 10%-15% | 5%-10% | 5%-10% | 5%-10% |
| Shell | 0%-5% | 0%-5% | 0%- 5% | 0%-5% | 0%-5% | 0%-5% | 0% - 5% | 0% - 5% | 0%-5% |
| EGM | 0%-5% | 0%-5% | 0%- 5% | 0%-5% | 0%-5% | 0%-5% | 0% - 5% | 0% - 5% | 0%-5% |
| Sonstige | 5%-10% | 5%-10% | 5%- 10% | 5%-10% | 5%-10% | 5%-10% | 5% - 10% | 5% - 10% | 5%-10% |
Die errechneten Marktvolumina ergeben sich aus der Addition der Absatzmengen, die E.ON Ruhrgas, Wingas, VNG, RWE, ExxonMobil Gas Marketing Deutschland, Shell Erdgas Marketing, EGM, GDF Suez, und EN an regionale Ferngasgesellschaften und Weiterverteiler geliefert haben. Nicht berücksichtigt wurden die an Weiterverteiler gelieferten Absatzmengen der regionalen Ferngasgesellschaften EWE, Gasversorgung Süddeutschland GmbH, Bayerngas GmbH, Gasunion GmbH, Enovos, E.ON Avacon AG, Ferngas Nordbayern und Erdgasversorgungsgesellschaft Thüringen-Sachsen, da diese Unternehmen ihr Gas von den überregionalen Ferngasgesellschaften beziehen und diese Mengen daher bereits in den addierten Absatzmengen der überregionalen Ferngasgesellschaften enthalten sind.
Die Aufstockung des Anteils der Gazprom Germania (GPG) an der VNG, an der auch die BASF-Tochter Wintershall maßgeblich beteiligt ist, bewirkt nach Feststellung des Bundeskartellamts einen "gemeinsamen wettbewerblich erheblichen Einfluß". Es könne deshalb "nicht mehr davon ausgegangen werden, daß die VNG und die gemeinsam von GPG und Wintershall kontrollierte Wingas unabhängig am Markt auftreten". Dennoch sei durch die nunmehr erteilte Genehmigung zur Aufstockung des GPG-Anteils an VNG auf keinem der betroffenen Märkte eine nach § 36 Abs. 1 GWB untersagungsfähige Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse zu erwarten.
Auf Drängen der Bundesnetzagentur hatten die Gasunternehmen, deren Netze bis dahin abgeschottete Vertriebsgebiete waren, sich im Juni 2006 bereitgefunden, zunächst 19 netzübergreifende Marktgebiete einzurichten (060603). Ab Oktober 2007 waren es noch 14, da E.ON, RWE und Wingas zunächst jeweils mehrere Marktgebiete für H-Gas besaßen, die sie nunmehr zusammenlegen mußten (061208, 070311, 070511). Diese Zahl verringerte sich ab Oktober 2008 weiter auf 11, weil "E.ON Gastransport" und "bayernets" ihre Netze in ein gemeinsames Marktgebiet einbrachten, während "GVS Netz", "ENI Gas Transport Deutschland" und "Gaz de France Deutschland Transport" ihre Netze vereinigten (080109). Die Bundesnetzagentur kündigte damals sogar eine Reduzierung auf acht an, was jedoch voreilig war, weil RWE/E.ON sowie EWE/Erdgas Münster/Gasunie eine unternehmensübergreifende Zusammenlegung ihrer Marktgebiete für L-Gas, die sie zunächst zugesagt hatten (070707), nicht verwirklichen wollten (080807).
Ab Oktober 2009 vereinigten VNG, Wingas und Gasunie/Statoil/Dong ihre H-Gas Gebiete zum Marktgebiet "Gaspool", während Eni Gastransport Deutschland, GRTgaz Deutschland und GVS Netz dem gemeinsamen H-Marktgebiet "NetConnect Germany" von E.ON Gastransport und bayernets beitraten (090911). Inzwischen hatten sich EWE, Erdgas Münster und Gasunie unter dem Druck der Bundesnetzagentur bereitgefunden, eine gemeinsame L-Gas-Tochter namens "Aquamus" zu gründen. Dadurch sank die Zahl der Marktgebiete auf sechs – jeweils drei für H-Gas und für L-Gas. Beim H-Gas handelte es sich neben "NetConnect" und "Gaspool" um das Gebiet der zum Verkauf anstehenden RWE Transportnetz, die inzwischen in "Thyssengas" umbenannt worden war. Bei L-Gas verfügten neben "Aquamus" die Thyssengas und E.ON Gastransport noch über eigene Marktgebiete.
Um auch diese sechs verbliebenen Gebiete zu arrondieren, schrieb die 2010 erlassene neue Gasnetzzugangsverordnung bis zum Jahr 2013 die Minimierung auf höchstens zwei vor (100811). Dies geschah mit der Umwandlung von "NetConnect" und "Gaspool" zu zwei Marktgebieten, die sowohl unternehmens- als auch qualitätsübergreifend sind: "NetConnect" schluckte zum 1. April 2011 Thyssengas mit deren beiden Marktgebieten für H- und L-Gas sowie das L-Gas-Gebiet der E.ON-Gastransport. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2011 ging "Aequamus" in "Gaspool" auf.
Die E.ON Gastransport firmiert seit September 2010 als "Open Grid Europe" und soll für rund zwei Milliarden Euro verkauft werden (110806). Mit dem Abschluß der derzeit noch laufenden Verkaufsverhandlungen ist im Mai zu rechnen.