Juli 2010

100707

ENERGIE-CHRONIK


Brüssel rüttelt am Steinkohlefinanzierungsgesetz

Die EU-Kommission will Beihilfen für den Steinkohlebergbau nur noch bis zum 1. Oktober 2014 erlauben. Zu diesem Zeitpunkt sollen dann alle Zechen stillgelegt sein. Am 20. Juli legte sie den Vorschlag für eine entsprechende Verordnung vor. Sie rüttelt damit am deutschen Steinkohlefinanzierungsgesetz, das die Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaues erst zum Jahr 2018 vorsieht (071110). Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Verordnung so in Kraft tritt. Mit dem Widerstand Deutschlands und Spaniens muß die Kommission in jedem Fall rechnen. "Für mich gelten die Verträge, die wir mit den Beteiligten abgesprochen haben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer ersten Stellungnahme. "Es wäre kein Fehler gewesen, man hätte mit den Mitgliedsstaaten noch mal ein Wort gesprochen."

Dem Vorschlag zufolge dürften die betroffenen Mitgliedstaaten Bergwerken nur noch dann Betriebsbeihilfen gewähren, wenn ein endgültiger Stilllegungsplan vorliegt, dessen Durchführung streng überwacht würde. Die Betriebsbeihilfen müssten eindeutig degressiv angelegt sein und alle 15 Monate um mindestens 33 Prozent sinken. Falls das subventionierte Bergwerk am 1. Oktober 2014 nicht stillgelegt wäre, müsste der Empfänger die Beihilfen zurückzahlen.

Die seit 2002 geltende EU-Verordnung über staatliche Beihilfen für den Steinkohlebergbau läuft Ende des Jahres aus (021005). Insofern ignorierten Bund und Länder mit ihrem im Februar 2007 vereinbarten Steinkohle-Kompromiß (070203) die nicht vorhandene gesetzliche Grundlage auf europäischer Ebene.

Oettinger verteidigt Beschluß als "bestmögliches Ergebnis" – war aber gar nicht anwesend

Energiekommissar Günter Oettinger bezeichnete den nun gefaßten Beschluß gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" (22.7.) als das "bestmögliche Ergebnis, auch für die deutschen Zechen". Die Mehrheit der Kommission habe zunächst sogar angestrebt, gar keine neue Beihilfe-Regelung zu erlassen. Er selber habe eine Laufzeit bis 2018 vorgeschlagen, der spanische Wettbewerbskommisssar Joaquin Almunia sogar eine Verlängerung bis 2020 angeregt. Sie hätten sich aber beide nicht durchsetzen können.

Der CDU-Politiker und frühere baden-württembergische Ministerpräsident Günter Oettinger amtiert seit Februar 2010 als Energiekommissar (091113). Wie sich inzwischen herausstellte, war er allerdings gar nicht anwesend, als die Kommission am 20. Juli das Auslaufen der Steinkohle-Förderung beschloß. Stattdessen nahm er an einer vergleichsweise zweitrangigen Konferenz zum Thema "Saubere Energie" in Washington teil. Aus Kreisen seiner Partei und seitens der SPD wird ihm deshalb vorgeworfen, den Beschluß der Kommission nicht verhindert zu haben.

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