April 2006 |
060401 |
ENERGIE-CHRONIK |
In der zweiten Zuteilungsperiode des Handels mit Emissionszertifikaten von 2008 bis 2012 wird die Menge der für Energie- und Industrieanlagen kostenlos zugeteilten Emissionszertifikate um rund drei Prozent gegenüber der ersten Handelsperiode von 2005 bis 2007 verringert. Die Kürzung fällt aber für die vom Emissionshandel erfaßten Unternehmen sehr unterschiedlich aus: Während die Energieversorger ihre Emissionen um durchschnittlich 15 Prozent reduzieren müssen, um den sonst erforderlichen Zukauf von Emissionszertifikaten zu vermeiden, braucht die in den Emissionshandel einbezogene Industrie ihre CO2-Emissionen nur um 1,25 Prozent zu mindern. Dies ergibt sich aus dem Entwurf für den Nationalen Allokationsplan 2 (Zuteilungsplan), den das Bundesumweltministerium am 13. April veröffentlichte.
Mit der unterschiedlichen Behandlung von Industrie- und Energieanlagen will die Bundesregierung ansatzweise einen Ausgleich dafür schaffen, daß die Stromversorger den mittlerweile stark gestiegenen Verkehrswert ihre Zertifikate aus der ersten Handelsperiode auf die Strompreise aufgeschlagen haben, obwohl sie die Zertifikate kostenlos erhalten haben. Die Stromwirtschaft begründete diese Verhaltensweise mit dem betriebswirtschaftlichen Theorem der "Grenzkosten" (050901, 060303), das in diesem Fall jedoch faktisch auf das Einstreichen von "Windfall-Profits" hinauslief und bei einem funktionierenden Wettbewerb keine Chancen auf praktische Durchsetzung gehabt hätte. Die Industrie gehörte dagegen zu den Leidtragenden der stark gestiegenen Strompreise. Hinzu verfügte sie kaum über Möglichkeiten, aus dem Emissionshandel ein Geschäft zu machen oder auch nur die tatsächlich entstandenen Belastungen durch den Zukauf von Zertifikaten über die Preise abzuwälzen.
Zusätzlich um 15 Prozent gekürzt werden die Emissionszuteilungen für ineffiziente Kohlekraftwerke. Diese "Malusregelung" soll einen zusätzlichen Anreiz für die Modernisierung alter Anlagen schaffen. Sie ist bereits in § 7 Abs. 7 des Zuteilungsgesetzes 2007 enthalten, tritt aber aber erst mit der zweiten Handelsperiode in Kraft.
Begünstigt werden durch den neuen Zuteilungsplan dagegen solche Kraftwerke, die in Kraft-Wärme-Kopplung sowohl Strom als auch Wärme erzeugen und damit den Brennstoff besonders effizient nutzen. Für sie wird die Menge der kostenlos zugeteilten Zertifikate lediglich um 1,25 Prozent vermindert, wie für die Industrie.
Der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) kündigte noch vor der offiziellen Veröffentlichung des Zuteilungs-Entwurfs weitere Strompreiserhöhungen an. "Die Einigung der zuständigen Ministerien wird sowohl den Unternehmen als auch den Bürgern Geld kosten", erklärte VDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller. "Die geplante massive Verknappung der CO2-Zertifikate für die Stromwirtschaft wird Einfluß auf die künftigen Strompreise haben."
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte dazu: "Die Stromversorger kalkulieren den Marktwert der Zertifikate, die wir ihnen kostenlos zugeteilt haben, jetzt schon in die Strompreise ein. Dadurch erzielen die Energiekonzerne Zusatzgewinne in Milliardenhöhe." Auch die jetzt vorgesehene geringere Ausstattung mit Zertifikaten führe lediglich zu einer teilweisen Abschöpfung solcher Zusatzgewinne. Für weitere Strompreiserhöhungen gebe es deshalb überhaupt keinen Grund, zumal die Zertifikate weiterhin kostenlos zugeteilt würden.
Gemäß der EU-Richtlinie wäre es möglich, in der zweiten Zuteilungsperiode bis zu zehn Prozent der Zertifikate nicht kostenlos zu verteilen, sondern zu versteigern (in der ersten Periode fünf Prozent). Von dieser Versteigerungsmöglichkeit, die unter anderen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) befürwortete, soll aber auch beim zweiten Allokationsplan kein Gebrauch gemacht werden.