November 2002 |
021112 |
ENERGIE-CHRONIK |
Rund tausend Demonstranten behinderten am 14. November 2002 den Transport von zwölf Atommüllbehältern, die aus der französischen Wiederaufarbeitungslage La Hague nach Gorleben gebracht wurden. Mit einer Sitzblockade versperrten sie die Straße auf der letzten Etappe des Transports vom Bahnhof Dannenberg zum Zwischenlager Gorleben. Nach fünf Stunden wurden sie schließlich von der Polizei abgedrängt. Tags zuvor hatten sich in Niedersachsen an verschiedenen Orten, die der Zug durchfuhr, Demonstranten an die Gleise gekettet. In der Nähe von Lüneburg mußte ein ICE notbremsen, weil Castor-Gegner die Schienen blockierten. Polizei und Bundesgrenzschutz waren mit etwa 15.000 Mann im Einsatz. Die Bezirksregierung Lüneburg hatte entlang der Transportstrecke ein Versammlungsverbot erlassen, um der Polizei die rechtliche Handhabe zur Auflösung von Demonstrationen zu bieten.
Es handelte sich um die dritte und mit zwölf Behältern um die bislang größte Rückführung von Abfällen aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague seit der Wiederaufnahme der Transporte im März 2001. Zuvor hatten drei Jahre lang keine derartigen Transporte mehr stattgefunden, nachdem im Mai 1998 an verschiedenen Transportbehältern unzulässige radioaktive Verunreinigungen festgestellt worden waren (980501, 980601).
Da die Transporte seit 2001 zum Kernenergiekompromiß gehören, sind die Demonstrationen inzwischen auch in Kreisen von Kernkraftgegnern umstritten. Soweit sie dennoch stattfinden, haben die Behinderungsversuche mehr symbolischen Charakter angenommen und erreichen nicht mehr die Militanz der vorangegangenen Auseinandersetzungen in den Jahren 1994 bis 1997.
Aufgrund des im Juni 2001 besiegelten Kernenergie-Kompromisses (010602) und des entsprechend novellierten Atomgesetzes (020404) dürfen die deutschen Kernkraftwerksbetreiber die abgebrannten Brennelemente aus ihren Reaktoren noch bis Mitte 2005 zur Wiederaufarbeitung nach La Hague und Sellafield bringen. Im Gegenzug kommen bis 2011 Transportbehälter mit hochradioaktiven Abfällen zurück, die vorläufig im Zwischenlager Gorleben deponiert werden. In Gorleben soll nach den bisherigen Plänen auch die spätere Endlagerung erfolgen. Die Erkundung des dortigen Salzstocks für diesen Zweck wurde gemäß Kernenergie-Kompromiß aber vorerst ausgesetzt.