PresseBLICK-Rezensionen | "Elektrosmog" |
Wie man Elektrosmog mit der Wünschelrute entdecktHanspeter KobbeSo schützen Sie sich vor Elektrosmog - Ein Ratgeber für Betroffene256 S., 36 DM, Verlag Hermann Bauer, 1998 |
Freiburg nennt sich gern die "Solarhauptstadt" Deutschlands. Zu diesem sonnigen Image haben die Gunst des Klimas, das hier ansässige Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme und etliche andere achtenswerte Aktivitäten beigetragen.
Aber auch in der eher schummerigen Szene der Esoteriker genießt Freiburg einen guten Ruf. Immerhin gab es hier einmal den bundesweit einzigen Lehrstuhl für "Grenzgebiete der Psychologie", worunter man sich Spiritismus, Hellsehen, Ufo-Phantasien und sonstigen Okkultismus vorstellen muß. Die staatliche Bestallung und Alimentierung des Lehrstuhlinhabers Prof. Bender ("Geister-Bender") schlug in den siebziger Jahren Wellen bis in den baden-württembergischen Landtag. Nach Benders Emeritierung wurde sein Lehrstuhl deshalb umbenannt und der "pädagogischen Psychologie" gewidmet. Auch sonst bemühten sich die Nachfolger, den Ruch der Geisterseherei loszuwerden, indem sie die Überprüfung und gegebenenfalls rationale Erklärung sogenannter parapsychologischer Phänomene nun als Beitrag zur Eindämmung des Aberglaubens bzw. zur "Psychohygiene" verstanden wissen wollten.
Weiter voll auf Okkultismus setzt dagegen der Hermann-Bauer-Verlag, der ebenfalls in Freiburg ansässig ist und von dort aus den deutschsprachigen Teil der Menschheit mit allerlei Druckschriften über "Esoterik, Astrologie, Tarot, Yoga/Meditation, Lebenshilfe und alternative Heilweisen" beglückt. Unter anderem gibt er die Zeitschrift "esotera" heraus, die sich als "weltweit führendes Magazin für Spiritualität, Esoterik und Grenzwissenschaften" bezeichnet.
Aus diesem famosen Verlag stammt das vorliegende Buch, das sich als "Ratgeber rund um den Elektrosmog" empfiehlt und treuherzig versichert, "auch für Elektro-Laien" verständlich zu sein.
Auf der Rückseite des Umschlags blickt uns mit verschmitztem Lächeln der Autor Hanspeter Kobbe entgegen, der eigentlich "Geopathologe" ist, sein Geschäftsgebiet inzwischen aber um den "Elektrosmog" erweitert hat. Daneben wird der Inhalt des Buches kurz in folgenden Worten zusammengefaßt:
Keiner sieht ihn, jeder ist ihm ausgeliefert - Elektrosmog. Doch was können Sie gegen dieses gesundheitsschädliche "Wellenbad" tun? Mit hilfreichen Tips und Tricks steht Ihnen der im Umgang mit Elektrosmog erfahrene Autor Hanspeter Kobbe zur Seite, wenn es darum geht, Elektrosmog zu reduzieren oder zu vermeiden - angefangen beim Anrufbeantworter über Handys, Hochspannungsleitungen, Mobilfunksender und Mikrowellenherd bis zur elektrischen Zahnbürste. Schritt für Schritt zeigt Ihnen der Autor auch, wie Sie dabei zusätzlich Methoden der Radiästhesie nutzen können:
- Sie erlernen den Umgang mit dem Biotensor.
- Sie ermitteln Ihre ganz persönlichen Grenz- und Belastungswerte.
- Sie entdecken krankmachende Störfelder.
- Sie führen selbst Standortuntersuchungen durch, wie z.B. am Schlaf- oder Arbeitsplatz.
- Darüber hinaus erfahren Sie, wie Sie sich mental schützen können, Elektrosmog durch Edelsteine ausgleichen und vieles mehr...
Es geht also darum, die Elektrosmog-Diskussion mit der Gedanken- und Geschäftswelt der Esoterik zu verbinden. Anscheinend sehen "Geopathologen" wie Kobbe hier ein vielversprechendes neues Betätigungsgebiet. Bisher verdienen sie nämlich ihr Geld mit Ängsten vor sogenannten Erdstrahlen. Diese Erdstrahlen sind angeblich mindestens so gefährlich wie der Elektrosmog. Sie haben aber leider den Nachteil, daß sie für die Naturwissenschaft nicht existent sind und somit nur in der Phantasie der Esoteriker vorkommen. Ganz anders verhält es sich mit den elektrischen und magnetischen Feldern: Die gibt es tatsächlich. Kein vernünftiger Mensch wird ihr Vorhandensein und ihre Wirkungsmöglichkeit bestreiten. Schließlich beruht unsere ganze Stromerzeugung und der größte Teil der Stromanwendungen auf der Nutzung solcher Felder. Kein Naturwissenschaftler wird außerdem in Abrede stellen, daß elektrische und magnetische Felder je nach Stärke, Frequenz und sonstigen Umständen auch biologische Wirkungen hervorrufen können. Letzten Endes läßt sich nicht mal ausschließen, daß von technisch erzeugten Feldern ein Gesundheitsrisiko ausgehen könnte - obwohl es dafür bisher keine Hinweise gibt.
Aus der Sicht von Scharlatanen haben die Ängste vor Elektrosmog somit gegenüber den Ängsten vor Erdstrahlen und anderen übersinnlichen Gefahren den ungemeinen Vorzug, daß sie sich an ein reales physikalisches Phänomen heften. Daß bisher noch kein Mensch durch Felder der alltäglichen Umgebung nachweislich körperlich geschädigt wurde, spielt dabei ebensowenig eine Rolle wie bei der Furcht vor Erdstrahlen. Im Gegenteil: So kann man munter drauflos schwadronieren und die Felder für alle möglichen Übel dieser Welt verantwortlich machen, für die es bisher keine oder nur unzulängliche Erklärungen gibt, von Krebs, Alzheimer und Aids bis zur leichten Migräne...
Auch ist die soziale Akzeptanz größer: Wer an Erdstrahlen glaubt, läuft noch immer Gefahr, sich lächerlich zu machen und als esoterischer Spinner zu gelten. Wer dagegen dasselbe Unheil von Feldern erwartet, gilt schlimmstenfalls als Hypochonder.
Jede Menge Gründe also für einen
"Geopathologen" wie den Verfasser, sein esoterisches
Dienstleistungsangebot zu diversifizieren und auch das Geschäft
mit den Ängsten vor dem "Elektrosmog" miteinzubeziehen.
Auf ernstzunehmende Information kommt es in diesem schlitzohrigen
Metier eh nicht an. Er konnte sich deshalb darauf beschränken,
aus ein paar der gängigen Schriften abzukupfern, welche die
angeblichen Gefahren von nieder- und hochfrequenten Feldern in
den schwärzesten Farben malen. Das seriöseste, was ihm
in die Hände geriet, sind noch die Bücher des Katalyse-Instituts
(PB
1/94) und von König/Folkerts
(PB
6/92), die zwar Wissenschaft und
Esoterik auseinanderhalten können, im übrigen aber doch
recht hypochondrisch gestimmt sind. Seine sonstigen Referenzen
sind größtenteils obskure Schriften wie die Horror-Erzählungen
des Wulf-Dietrich Rose (PB 6/96).
Vor allem das Buch des Katalyse-Instituts
hat der Verfasser exzessiv ausgeschlachtet. Anscheinend will er
auf diese Weise seine Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen
Grundlagen der Materie dokumentieren. Daß er in Wirklichkeit
keine große Ahnung hat, merkt man freilich sofort, wenn
ihn seine schon etwas bejahrte Erkenntnisquelle im Stich läßt:
So ereifert er sich noch immer über die Grenzwertempfehlungen
der DIN/VDE-Norm 0848, die inzwischen obsolet sind. Selbst das Angelesene hat er nicht richtig
verstanden. So unterscheidet er im niederfrequenten Bereich "elektrische
Felder" und "elektromagnetische Felder". Mit letzteren
meint er die magnetischen Felder. Eigentlich müßte
ihm schon die sprachliche Zusammensetzung des Begriffs "elektromagnetische
Felder" verraten, daß dieser sowohl das elektrische
als auch das magnetische Feld umfaßt. Er behauptet zwar,
daß "selbst unter Fachleuten bei dem Begriff elektromagnetische
Felder allerhand Begriffsverwirrungen" bestünden. Daran
stimmt aber nur soviel, daß der Begriff zum Teil etwas unscharf
sowohl für die Gesamtheit der Felder des elektromagnetischen
Spektrums als auch zur speziellen Bezeichnung hochfrequenter Felder
gebraucht wird. Im übrigen besteht die Begriffsverwirrung,
die er der Fachwelt unterstellt, vor allem in seinem eigenen Kopf. Besonders köstlich ist sein Argument,
es könne zu "Irritationen" und Verwechslungen mit
Feldern "einfacher Magnete ohne Stromkomponente" kommen,
weshalb er vorbeugend das durch Stromfluß erzeugte Magnetfeld
als "elektromagnetisches Feld" kenntlich mache. Zugegeben:
Ein Dauermagnet aus Stahl braucht keine Stromzuführung. Anscheinend
ist dem Verfasser aber nicht klar, daß Magnetismus in allen
Fällen durch die Bewegung elektrischer Ladungen erzeugt wird.
Die Physiker unterscheiden deshalb zwar Gleich- und Wechselfelder
oder hoch- und niederfrequente Felder, kennen aber nur eine Art
von Magnetismus, egal ob dieser von einem stromdurchflossenen
Leiter, einem Dauermagneten aus Stahl oder dem Erdmagnetfeld stammt. Diese Patzer sind noch vergleichsweise
harmlos. Mit der gönnerhaften Bemerkung "mehr müssen
Sie zunächst nicht wissen" wendet sich der Verfasser
nun nämlich von der Physik der Metaphysik bzw. den Erdstrahlen
zu: Als Betreiber eines "Instituts für Radiästhesie
und Geopathologie" vermag ihm auf diesem Gebiet keiner so
schnell das Wasser zu reichen - schon gar nicht Naturwissenschaftler,
für die alles überprüfbar sein muß und die
deshalb nicht die geringste Ahnung von Erdstrahlen haben können. Befreien auch wir uns deshalb für
einen Moment von aller naturwissenschaftlichen Engstirnigkeit
und hören wir, was der Privatgelehrte für Privat-Physik
über Erdstrahlen zu sagen weiß: Sie wirken als "geopathogene
Störzonen" und können eine krankmachende Wirkung
haben. Verursacht werden sie durch "Wasseradern, Erdspalten,
Erdverwerfungen und sogenannte Globalgitternetze". Bei letzteren
handelt es sich um "etwa 20 cm breite Störzonenstreifen",
die unsichtbar unsere Welt durchziehen. Da sie der Wissenschaft
nicht bekannt sind, können sie mit deren Instrumentarium
auch nicht geortet werden. Umso höher ist die Leistung der
"Geopathologen" zu würdigen, die dieses Globalgitternetz
schon ziemlich genau vermessen haben: "Die Abstände
von Streifen zu Streifen betragen beim kleinsten heute bekannten
Gitter nur rund 2,5 bis 3,5 m." Ansonsten gibt es aber praktisch keinen
Unterschied zwischen Elektrosmog und Erdstrahlen bzw. zwischen
"elektropathogenen Störzonen" und "geopathogenen
Störzonen". Von der unterschiedlichen Quelle der Übel
abgesehen, verursachen beide "starke Standortbelastungen".
Sie untergraben gleichermaßen unsere Gesundheit und sind
die Ursache vieler bisher noch nicht geklärter Erkrankungen: "Schaut man einmal über den
elektrifizierten Tellerrand hinaus, so fällt auf, daß
unter dem Einfluß energietechnischer Felder wie auch geopathogener
Störzonen frappierende Übereinstimmungen bei den gesundheitlichen
Auswirkungen bestehen. Die Krebshäufigkeit auf diesen Zonen
ist bei beiden gleichermaßen erhöht. Krankheiten und
Befindlichkeitssymptome sind nahezu deckungsgleich. In beiden
Fällen kommt es in der Regel zu dramatischen Störungen
des Immunsystems." Zum Glück helfen jene Instrumente,
die das Aufspüren und Unschädlichmachen von Erdstrahlen
ermöglichen, auch gegen Elektrosmog. Sie seien sogar noch
besser geeignet, versichert der Verfasser, denn "die meisten
Abschirmungen, die durch elektrisch leitende Materialien bewirkt
werden, haben erdstrahlenreflektierende Wirkung - ein äußerst
unerwünschter Nebeneffekt". Unter der Überschrift "So neutralisieren
Sie kostenlos Elektrosmog-Belastungen" verrät er sodann
eine Methode, wie man sich durch einen "mentalen Schutzmantel"
gegen Elektrosmog wappen kann, ohne auch nur eine müde Mark
dafür auszugeben: "Stellen Sie sich zunächst
Ihren eigenen Körper bildhaft vor. Nachdem Sie sich auf diese
Vorstellung so konzentriert haben, daß Sie ihn deutlich
vor Ihrem geistigen Auge sehen, stellen Sie sich vor, daß
über Ihr geöffnetes Scheitelchakra, das ist ein Energiezentrum
auf der höchsten Stelle des Kopfes, weißes Licht aus
dem Universum in Ihren Körper strömt, bis dieser ganz
damit angefüllt ist. Nun stellen Sie sich vor, daß
dieses Licht über Ihren physischen Körper hinausstrahlt,
ähnlich einem Aurafeld. Diesen Lichtschutzmantel lassen Sie
nun vom Kopf bis zu den Füßen in der Weise am Körper
heruntergleiten, daß dieser davon völlig eingehüllt
wird. Dieser Vorgang kann einige Sekunden oder Minuten in Anspruch
nehmen, je nachdem, wie geübt Sie darin sind und wie gut
Sie sich darauf konzentrieren können. Je öfter Sie diesen
Vorgang wiederholen, desto schneller können Sie ihn jedesmal
vollziehen." Naturgemäß nicht ganz so billig
ist der "Selbstschutz durch Edelsteine". Bereits Hildegard
von Bingen habe ihn beschrieben, obwohl sie natürlich noch
nicht habe wissen können, daß Edelsteine auch gegen
Elektrosmog helfen. Im Unterschied zum mentalen Schutzmantel hätten
Edelsteine den Vorteil, Elektrosmog auch bei solchen Menschen
abwehren zu können, die nicht an ihre Heilwirkung glauben,
denn "dabei handelt es sich nicht um eine Glaubensangelegenheit,
sondern um eine Erfahrungswissenschaft, die auf einer Vielzahl
veröffentlichter Test- und Anwendungsberichte basiert". Die in esoterischen Kreisen hochgeschätzte
"Erfahrungswissenschaft" heißt wohl deshalb so,
weil sie auf Erfahrungen basiert, die nur von spirituell Erleuchteten
nachvollzogen werden können. Zu diesem erlesenen Kreis gehört
der Verfasser, der 1996 in seinem "Institut für Radiästhesie
und Geopathologie" eine Testserie mit 30 verschiedenen Edelsteinarten
durchführte und dabei bahnbrechende Erkenntnisse gewann:
"Bei diesen Tests zeigte sich, daß einige Steine offenbar
in der Lage sind, ein sogenanntes Interferenzfeld zu den verschiedenen
Elektrosmog-Feldern aufzubauen und diese so zu überlagern,
daß eine Belastung des Menschen durch diese Felder nicht
mehr nachweisbar ist." Als besonders geeignet zur Abwehr
von Feldern der Stromversorgung habe sich der Labradorit herausgestellt,
wogegen Turmalinquarz ein hervorragendes Mittel zur Abwehr von
Hochfrequenz sei. Aber Vorsicht: Bevor man sich dauernd durch
das Tragen eines solchen Edelsteins gegen Elektrosmog schütze,
sei ein "Verträglichkeitstest" zu empfehlen. Andernfalls
könnten nachts Schlafstörungen auftreten. Letzteres leuchtet ein, da zumindest größere
Edelsteine, wenn man nachts darauf liegt, schmerzhafte Druckstellen
verursachen können. Aber so simpel ist der Verträglichkeitstest
natürlich nicht gemeint. Man benötigt dazu einen "Biotensor"
- landläufig auch Wünschelrute genannt - der folgende
Anforderungen erfüllt: "Er besteht aus einem Griffstück,
das gut in der Hand liegt, z.B. einem Stück Rundholz oder
Besenstiel von ungefähr 12 bis 13 cm Länge, einem Stück
Stahldraht von 6 bis 10 mm Stärke, der etwa 50 cm aus dem
Griff herausragt und an dessen Spitze ein Gewicht befestigt ist."
Man kann sich das gute Stück entweder selbst basteln oder
beim Hermann-Bauer-Verlag fertig kaufen. Anschließend muß der Biotensor
auf die "Wellenlänge" des Benutzers eingestellt
und "programmiert" werden. Dies geschieht durch ein
"mentales Selbstgespräch",mit dem der Benutzer
sein "Unterbewußtsein" anweist, wie es den Biotensor
zu steuern hat: Beispielsweise senkrecht zu schwingen, wenn eine
Frage bejaht, oder horizontal, wenn sie verneint wird. Schließlich muß das Unterbewußtsein
bzw. die Wünschelrute noch speziell für das Aufspüren
von Elektrosmog programmiert werden. Bei Feldern der Stromversorgung
geht das so vor sich, daß man eine Lampe, einen Toaster,
ein Bügeleisen oder einen sonstigen Stromverbraucher an die
Steckdose anschließt. Dann nimmt man das stromdurchflossene
Kabel in die eine und den Biotensor in die andere Hand und sagt
zu sich: "Ich will an diesem Kabel mein Unterbewußtsein
auf elektromagnetische Felder programmieren, damit ich später
diese Programmierung immer wieder abrufen und sie von anderen
Feldern unterscheiden kann. Dieses Feld, das ich jetzt an meiner
Hand wahrnehme, ist ein elektromagnetisches Feld." In ähnlicher
Weise erfolgt die Programmierung der Wünschelrute für
hochfrequente Felder, indem man das Antennenkabel von Radio oder
Fernseher in die Hand nimmt und dasselbe Sprüchlein in modifizierter
Form aufsagt. Ist das Unterbewußtsein samt der
Wünschelrute auf diese Weise präpariert worden, kann
die Elektrosmog-Suche losgehen. Die Wünschelrute wird dann
je nach Fragestellung mit ja oder nein antworten, indem sie -
analog zum Kopfnicken oder Kopfschütteln beim Menschen -
in vertikaler oder horizontaler Richtung ausschlägt. Falls es doch nicht klappen sollte, liegt
dies an "mentalen Blockaden". Solche Blockaden entstehen
grundsätzlich durch Zweifel. Sie können sogar eine nachträgliche
Quittung dafür sein, "daß Sie Pendel- und Wünschelrutenarbeit
früher einmal aus Unkenntnis als Firlefanz abgetan und sich
darüber lustig gemacht haben". Aber auch religiöse
Einstellungen können Blockaden bewirken. Der Autor erfreut
deshalb alle katholischen Leser mit der Nachricht, daß schon
Papst Pius XII grundsätzlich nichts gegen Wünschelrutengängerei
einzuwenden gehabt habe, sofern man sich "bei der radiästhetischen
Arbeit durch das Gebet schützt". Der Leser dieser Buchbesprechung wird sich
inzwischen vielleicht fragen, ob man einen derartigen Stuß
wirklich in dieser Ausführlichkeit zitieren muß. Zugegeben:
Eigentlich ist es schade ums Papier des PresseBLICKs und noch
mehr um das Papier, welches der Hermann-Bauer-Verlag in Freiburg
beschwärzt. Aber andererseits erreichen solche Bücher
ein relativ großes Publikum und finden über die eingeschworenen
esoterische Zirkel hinaus in vielfältiger Weise Verbreitung.
Man denke nur an die "PSI"-Fernsehserie und anderen
populären Okkultismus. In der seit Jahren andauernden "Elektrosmog"-Diskussion
gibt es eine große gemeinsame Schnittmenge zwischen rational
klingenden Argumenten und irrationalen Ängsten. Das vorliegende
Buch aus dem Hermann-Bauer-Verlag macht dies dankenswerterweise
deutlich, indem es den alten Unsinn der Erdstrahlen ganz unmittelbar
mit den modischen Ängsten vorm Elektrosmog verknüpft.
Daß der Verfasser im physikalischen Teil seiner Ausführungen
ein paar Dinge durcheinanderbringt, tut nichts zur Sache. Entscheidend
ist, wie er rationale, weil auf überprüfbare Sachverhalte
bezogene Darlegungen mit völlig irrationalem Zeug vermengt,
als ob es nie eine Aufklärung gegeben habe. Fast schon satirische Qualitäten erreicht
der Verfasser, wenn er das ganze Vokabular von Wissenschaft und
Technik bemüht, um dem Glauben an übersinnliche Kräfte
jeden Beigeschmack von Mittelalter und schlichtem Aberglauben
zu nehmen. So muß der Benutzer die Wünschelrute auf
die eigene "Wellenlänge" einstellen, was immer
das sein soll. Das Unterbewußtsein wird zeitgemäß
"programmiert", die "Eingabe" erforderlichenfalls
wie bei einem Computer wiederholt. Anschließend findet ein
"Blindtest" zur "Überprüfung der eigenen
Programmierung" statt. Edelsteine entfalten ihre schützende
Wirkung vor Elektrosmog mittels eines hochphysikalischen "Interferenzfeldes"
usw. Das Schmunzeln über die Chuzpe, mit
der sich hier ein moderner Scharlatan als Experte für die
Abwehr von Gesundheitsgefahren aufspielt, hält sich allerdings
in Grenzen. Denn der naive Leser, auf den solche Machwerke zielen,
wird das Buch sicher anders rezipieren. Er wird den Verfasser
tatsächlich für einen großartigen Experten halten
und all die schrecklichen Gefahren, die ihm angeblich durch Elektrosmog
und Erdstrahlen drohen, für bare Münze nehmen. Ebenso
wird er es nur für angemessen halten, wenn der Verfasser
zum Beispiel fordert, künftig müßten "Baubiologen"
und "Geopathologen" seines Schlages an der Festsetzung
von Grenzwerten für Felder beteiligt werden. Solcher pseudo-wissenschaftlich drapierte
Aberglaube hat bereits eine lange Tradition. Er begann im 18.
Jahrhundert mit der Behauptung des Naturphilosophen Anton Mesmer,daß
dieselbe Naturkraft, welche Ebbe und Flut bewirkt, auch den Krankheitsverlauf
bei Menschen beeinflußt. Mesmer identifizierte diese Naturkraft
als "Magnetismus" und folgerte, daß man bestimmte
Krankheiten durch Bestreichen mit Magneten heilen könne.
Später entdeckte er sogar, daß diese magnetische Kraft
bei manchen Menschen in besonderem Maße angehäuft sei,
so daß schon der körperliche Kontakt durch Bestreichen
mit den Händen oder der durchdringende Blick eines solchen
"Magnetiseurs" zur Heilung genügten.- Aus heutiger
Sicht beeindruckt vor allem, daß echten oder imaginären
Magnetfeldern eher eine heilende als krankmachende Wirkung zugesprochen
wurde. Im 19. Jahrhundert war es dann der Spiritismus,
der - ausgehend von den USA - auch in Europa die sogenannten gebildeten
Stände durchseuchte. Der Philosoph und Begründer der
experimentellen Psychologie, Wilhelm Wundt, hat sich deshalb 1885
mit der spiritistischen Welle und ganz allgemein mit dem "Aberglauben
in der Wissenschaft" auseinandergesetzt. Er erkannte das
Wesen jeder Art Aberglauben darin, daß er die Kluft zwischen
Glauben und Wissen quasi per Kurzschluß überbrückt
und "dem Übersinnlichen sinnliche Gestalt gibt".
Zum Teil sei der wissenschaftliche Aberglaube einfach nur die
zeitgemäße Fortsetzung des religiösen Volksaberglaubens,
wie er sich in Hexenvorstellungen usw. manifestiere. Die "Gebildeten"
würden zwar über solche altmodischen Formen des Volksaberglaubens
inzwischen mitleidig lächeln. Dennoch erlägen sie sehr
schnell allen möglichen phantastischen Vorstellungen, sobald
diese es nur verstünden, "sich mit herrschenden wissenschaftlichen
Richtungen scheinbar in Einklang zu setzen oder sich selbst ein
wissenschaftliches Gewand umzuhängen". So ersetze dann
die spiritistische Botschaft aus dem Jenseits den bösen Blick
der Hexe oder die Marienerscheinung. Wundt wies zugleich auf zwei weitere Quellen
des wissenschaftlich drapierten Aberglaubens hin: Die eine sei
der "philosophische Mystizismus", wie ihn damals etwa
Eduard von Hartmann vertrat (Hartmann "entdeckte" lange
vor Sigmund Freud eine angebliche psychische Region des "Unbewußten",
die übermächtigen Einfluß auf den Menschen habe
und sein Denken und Handeln gewissermaßen vorprogrammiere).
Die dritte Quelle des modernen Aberglaubens sei aber ausgerechnet
der "wissenschaftliche Skeptizismus", dem die Sicherheit
wissenschaftlich fundierter Überzeugung abhanden gekommen
ist - denn "wer einmal zu der Erklärung gekommen ist,
daß alle Dinge gleich möglich sind, und daß man
daher nichts mit Sicherheit wissen könne, der ist schon nahe
daran, alles zu glauben, was ihm angenehm dünkt". Dieser Seitenhieb richtete sich gegen den
positivistischen Wissenschaftsbetrieb und ist heute mindestens
so aktuell wie damals. Zum Beispiel glaubte Wundts Zeitgenosse
William James, der als Begründer des "Pragmatismus"
und der Psychologie in den USA gilt, er könne in spiritistischer
Manier mit einem verstorbenen Freund im Jenseits korrespondieren
(Axel Munthe schildert diese Episode in seinem "Buch von
San Michele"). Auch der bereits erwähnte Streit um den
Lehrstuhl für einen "Parapsychologen" in Freiburg
offenbarte, wie dicht Vorurteilslosigkeit und naiver Gespensterglaube
in der Wissenschaft beieinander liegen können. (PB April 1999/*leu) Wie man die Physik im Lichte des Laienverstands korrigiert
"Mentaler Schutzmantel" hilft gegen Elektrosmog wie gegenErdstrahlen
Edelsteine wirken sogar bei Skeptikern
Zur "Programmierung"
der Wünschelrute braucht man eine Lampe oder einen Toaster
Das Wichtigste ist freilich der Glaube
Der wissenschaftlich
kostümierte Aberglaube hat eine lange Tradition