Februar 1996 |
960207 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Privatisierung der Neckar-AG ohne öffentliche Ausschreibung (siehe 950909) ist von der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg und dem Verband "Eurosolar" scharf kritisiert worden. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Manfred Lüttke, forderte die Rechnungshöfe von Bund und Land zu einer Prüfung des Verkaufsvertrags auf. Der Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Selbständigen und CDU-Landtagsabgeordnete Rudolf Kurz richtete wegen des Verkaufs eine kleine Anfrage an die Landesregierung (Stuttgarter Zeitung, 6.2.; Hannoversche Allgemeine, 7.2.).
Am 19.1. hatten das Bonner Verkehrsministerium und das Stuttgarter Finanzministerium die bisherigen Anteile des Bundes (zwei Drittel) und des Landes (ein Drittel) für 138 Millionen Mark an die beiden baden-württembergischen Stromversorger Badenwerk und EVS verkauft. Die privaten Wasserkraftwerksbetreiber behaupten nun, sie seien zusammen mit anderen mittelständischen Investoren bereit gewesen, sogar 160 Millionen Mark für die Neckar AG zu bezahlen. Dem Steuerzahler sei somit ein Verlust von 22 Millionen Mark entstanden, da eine öffentliche Ausschreibung des Privatisierungsobjektes unterblieb. Der "Eurosolar"-Vorsitzende und SPD- Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer warf darüber hinaus dem baden-württembergischen Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder (CDU) "Begünstigung im Amt" vor, weil das Land an Badenwerk und EVS beteiligt ist. Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserkraftwerke ist Mitglied bei "Eurosolar" und Kontrahent der Stromversorger bei der gegenwärtigen juristischen Auseinandersetzung um die Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes (siehe 950501).
Die Stuttgarter Zeitung (5.2.) kommentierte: "Man darf gespannt sein, wie sehr sich in dem jetzt entbrannten Streit die Gemüter erhitzen, wer sich möglicherweise die Finger verbrennt und wem dann ein kühles Bad im Neckar zu empfehlen wäre."