Dezember 1994 |
941204 |
ENERGIE-CHRONIK |
In Lissabon haben am 17.12. die Vertreter von 45 Staaten die Europäische Energiecharta unterzeichnet. Das Vertragswerk geht auf eine politische Absichtserklärung zur Schaffung eines gesamteuropäischen Energieverbundes zurück, die vor drei Jahren in Den Haag von allen europäischen Ländern einschließlich der ehemaligen Sowjetrepubliken sowie den USA, Kanada und Australien unterzeichnet wurde. Die USA und Kanada unterzeichneten das jetzige Dokument noch nicht. Die Zustimmung Rußlands war bis zuletzt ungewiß. Die Energiecharta soll nach ihrer Ratifizierung durch die Parlamente der beteiligten Staaten im Laufe des Jahres 1995 in Kraft treten. Sie sieht im wesentlichen die weitere Liberalisierung des Handels mit Erdöl, Gas und Strom vor und soll den Investitionsschutz in den ehemaligen kommunistischen Ländern westlichen Standards anpassen (FAZ, 19.12.; SZ, 19.12; siehe auch 940601).
Für die Frankfurter Rundschau (16.12.) ist die Europäische Energie-Charta noch weit entfernt davon, die ursprünglich in sie gesetzten Hoffnungen einzulösen: "Ob ein westlicher Ölkonzern sich bei der Erschließung eines Vorkommens in Sibirien engagiert oder ein Elektrizitätsunternehmen Geld und Know-how bereitstellt, um Stromerzeugungsanlagen in Weißrußland auf modernen Stand zu bringen, wird weiterhin von den jeweiligen, auf den Einzelfall zugeschnittenen Abmachungen und von den Garantien der anderen Seite abhängen. Der Europäische Energiecharta-Vertrag, wie er am Samstag in Lissabon auf dem Tisch liegt, hilft da kein Jota weiter. Insofern ist die Unterzeichnung auch ein Akt der Enttäuschung. Insbesondere wenn man bedenkt, welche Vorstellungen noch vor drei Jahren in den Köpfen herumspukten."