April 1994

940404

ENERGIE-CHRONIK


Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Stromkompromisses

Die Verwirklichung des Kompromisses über die Ausgestaltung der Stromversorgung in den neuen Bundesländern bereitet weiterhin Probleme. Während die Kommunen über eine schleppende Bearbeitung ihrer Anträge auf Gründung eigener Stadtwerke klagen, befürchten VEAG und Regionalversorger, daß die kommunale Stromerzeugung die vorgesehenen 30 Prozent erheblich überschreiten und damit die Rentabilität der vorgesehenen Kraftwerke auf Braunkohlebasis gefährden könnte (siehe auch 940304).

Eine im November vorigen Jahres von ostdeutschen Kommunen gegründete "Kommunalkommission" forderte am 14.4. in Berlin die gleichberechtigte Einbeziehung aller ostdeutschen Städte in die Umsetzung des Stromkompromisses, einschließlich jener, die sich nicht an dem Streit vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligt haben. Ihr Sprecher Michael Weber kritisierte, daß bisher nur in 50 Fällen über die insgesamt 150 Anträge der Kommunen auf Gründung eigener Stadtwerke entschieden worden sei (FR, 15.4.; FAZ, 16.4.; siehe auch 931008).

Nach Ansicht von VEAG-Sprecher Albrecht Schleich kann die Errichtung neuer Braunkohlekraftwerke mit insgesamt 4000 MW nur dann wie geplant in Angriff genommen werden, wenn sich die kommunale Stromerzeugung auf 2800 MW beschränkt. Nach derzeitigen Erkenntnissen wollten die ostdeutschen Kommunen aber Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3200 MW errichten (VWD, 21.4.).

Die VEAG will ihr Braunkohlekraftwerk in Vockerode nicht erst Mitte 1996, sondern bereits im Herbst dieses Jahres stillegen. Vorstandsmitglied Jürgen Stotz begründete diesen Schritt mit der Entscheidung der Dessauer Stadtwerke, eigene Anlagen zur Erzeugung von Strom und Fernwärme zu errichten. Damit gehe dem Kraftwerk der wichtigste Abnehmer verloren (DPA, 20.4.).

Die geplante Gründung von bis zu 150 Stadtwerken könne für die ostdeutschen Regionalversorger wesentliche Umsatzeinbußen bedeuten, erklärte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft regionaler Energieversorgungs-Unternehmen, Udo Cahn von Seelen, am 26.4. anläßlich der ARE-Jahrestagung in Weimar vor Journalisten (DPA, 26.4.; Neue Zeit, 26.4.).