April 1993 |
930414 |
ENERGIE-CHRONIK |
Im kartellrechtlichen Musterverfahren um den Konzessionsvertrag zwischen der Stadt Kleve und RWE Energie will der Stromversorger von sich aus die EG-Kommission anrufen und von dieser feststellen zu lassen, daß der Vertrag nicht gegen europäisches Recht verstößt. Von einem Rechtsstreit vor dem Bundeskartellamt sei keine Klärung zu erwarten, sagte der RWE-Energie-Vorstandsvorsitzende Dietmar Kuhnt. RWE Energie stelle sich voll und ganz dem europäischen Recht, wolle dann aber auch nach europäischem Recht gemessen werden (FAZ, 2.4.; siehe auch 930209).
Das Bundeskartellamt möchte die Ausschließlichkeitsbindung in dem 1971 geschlossenen Konzessionsvertrag untersagen. Es argumentiert damit, daß die Klausel zwar nach deutschem Recht zulässig sei, aber Stromanbieter aus den benachbarten Niederlanden von der Versorgung der grenznahen Stadt ausschließe, womit Artikel 85 des EWG-Vertrags verletzt werde. Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) begrüßte am 2.4. das Vorgehen des Bundeskartellamtes. Anläßlich der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundestags am 21.4. forderte der VIK ein weiteres Mal die Beseitigung wettbewerbshemmender Strukturen in der Energiewirtschaft und beklagte, daß die deutsche Industrie im Vergleich zu Nachbarländern um 30 bis 40 % höhere Strom- und Gaspreise zahlen müsse (Handelsblatt, 7.4.; VWD, 19.4.).
Der Europäische Dachverband der öffentlichen kommunalen Energieversorgungsunternehmen (CEDEC) beobachtet das Vorgehen des Bundeskartellamtes hingegen "mit großer Sorge". In einer bereits im Februar verabschiedeten Stellungnahme zum EG-Binnenmarkt für Strom und Gas verweist CEDEC darauf, daß von keiner Seite Beschwerde beim Kartellamt eingelegt worden sei. Das Amt wolle auf administrativen umd juristischem Wege eine Neuregelung des Marktes erreichen und umgehe damit das Europäische Parlament, den Ministerrrat und die nationalen Parlamente. Die EG-Kommission solle deshalb das Verfahren an sich ziehen und einstellen.