April 2024 |
240409 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Bundestag beschloss am 12. April das Zweite Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes
(EnWG). Laut Bundesregierung schafft es "den rechtlichen Rahmen für die
zweite Stufe des Wasserstoff-Netzhochlaufs, indem eine umfassende integrierte
Netzentwicklungsplanung für das Erdgas- sowie das zukünftige Wasserstoff-Transportnetz
eingeführt wird". Außerdem enthält das Gesetz die notwendigen Regelungen
zur Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes, auf deren Basis ein privatwirtschaftlicher
Hochlauf erfolgen könne.
Dieser Hochlauf soll in zwei Stufen erfolgen: Im ersten Schritt verbindet das
Wasserstoff-Kernnetz in den kommenden Jahren wesentliche Wasserstoffstandorte
sowohl auf Angebots- als auch auf Nachfragseite. Die gesetzlichen Grundlagen
dafür sind bereits Ende 2023 in Kraft getreten. Im zweiten Schritt wird das
Kernnetz in eine fortlaufende integrierte Netzentwicklungsplanung für Gas und
Wasserstoff überführt.
Mit dem Wasserstoff-Kernnetz sollen große Verbrauchs- und Erzeugungsregionen für Wasserstoff in Deutschland erreicht und so wesentliche Wasserstoff-Standorte angebunden werden, beispielsweise große Industriezentren, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore. Die Leitungen des Kernnetzes sollen dabei sukzessive im Zeitraum von 2025 bis 2032 in Betrieb genommen werden.
Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes wird ferner eine fortlaufende Netzentwicklungsplanung für Gas und Wasserstoff im EnWG verankert. Im Jahr 2026 soll erstmals ein Netzentwicklungsplan für Gas und Wasserstoff von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Fernleitungsnetzbetreiber und regulierte Betreiber von Wasserstofftransportnetzen erstellen künftig alle zwei Jahre einen Szenariorahmen und darauf aufbauend einen integrierten Netzentwicklungsplan Gas und Wasserstoff. Das Gesetz regelt die Rahmenbedingungen für das Verfahren, unter anderem die umfassenden öffentlichen Konsultationsprozesse, die Einrichtung einer Koordinierungsstelle der betroffenen Netzbetreiber sowie die Einrichtung einer Datenbank.
Für einzelne Projekte des Wasserstoff-Kernnetzes soll eine Inbetriebnahme auch nach 2032 bis 2037 möglich sein, sofern dies im Rahmen der Netzentwicklungsplanung von der Bundesnetzagentur entsprechend festgelegt wird. Diese neue zeitliche Flexibilisierung sorgt dafür, dass solche Projekte weiterhin Anspruch auf die Kernnetz-Finanzierung haben. Sie gilt ausschließlich für Projekte, die im ursprünglichen Kernnetz-Antrag enthalten sind und soll eine "zielgenaue Anpassung hinsichtlich der tatsächlichen Bedarfsentwicklung" ermöglichen. Dadurch werde teurer Leerstand von möglicherweise erst später erforderlichen Wasserstoff-Leitungen verhindert. Dies spare Kosten und komme dem Ziel eines effizienten Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft zugute. Eine Verschiebung der Inbetriebnahme des Kernnetzes insgesamt sei damit nicht verbunden.
Zudem enthält das Zweite Änderungsgesetz zum EnWG die erforderlichen Regelungen zur Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes, die noch unter dem Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission stehen. Das Kernnetz soll grundsätzlich vollständig privatwirtschaftlich über Netzentgelte finanziert werden. Die Netzentgelte werden gedeckelt, um zu verhindern, dass in den ersten Jahren des Netzaufbaus sehr hohe Entgelte den Wasserstoffhochlauf behindern. Den künftigen Kernnetzbetreibern wird eine "risikoangemessene Verzinsung und subsidiäre Risikoabsicherung des Bundes unter Anrechnung eines Selbstbehalts" gewährt. Durch eine zeitliche "Entgeltverschiebung" sollen spätere Nutzer die Aufbaukosten des Netzes mittragen da sie "ebenfalls von einem auskömmlich dimensionierten Netz und einem gelungenen Hochlauf profitieren".
Auf Basis dieses gesetzlich verankerte Finanzierungsmodell können die Fernleitungsnetzbetreiber nun bis 21. Mai 2024 den formellen Antrag zur Genehmigung des Kernnetzes stellen. Die anschließende Prüfung und endgültige Genehmigung des Kernnetzes obliegt der Bundesnetzagentur. Ab Sommer soll dann die Realisierung erster Kernnetz-Projekte beginnen.
Die Annahme des Gesetzes erfolgte in namentlicher Abstimmung, wobei von den insgesamt 565 anwesenden Abgeordnetn 347 den Gesetzentwurf der Bundesregierung billigten, 202 ablehnten und 16 sich enthielten. Die Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP stimmten ebenso geschlossen für die Annahme wie CDU/CSU und AfD für die Ablehnung. Von den 17 anwesenden Abgeordneten der LInken, die wegen der Abspaltung des "Bündnisses Sarah Wagenknecht" (BSW) nur noch über 28 Abgeordnete verfügt und deshalb seit 2. Februar den Status einer Fraktion verloren hat, stimmte einer für das Gesetz, während die übrigen 16 Enthaltung übten. Die sieben anwesenden BSW-Abgeordneten (von insgesamt zehn) votierten dagegen wie CDU/CSU und AfD geschlossen für die Ablehnung.