August 2021 |
210806 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Strompreise in Deutschland sind auf ein neues Rekordhoch geklettert. Das
ergibt sich aus Berechnungen des Vergleichsportals Verivox, das regelmäßig
die Stromkosten für einen Haushalt mit einem durchschnittlichen Verbrauch
von 4.000 Kilowattstunden ermittelt, wobei die Preise der örtlichen Grundversorger
sowie der wichtigsten überregionalen Versorger zugrunde gelegt werden.
Demnach kostet die Kilowattstunde Strom für private Haushalte aktuell durchschnittlich
30,4 Cent – "so viel wie noch nie".
Im August 2021 habe der durchschnittliche Preis für eine Kilowattstunde
Strom noch bei 28,75 Cent gelegen, hieß es in einer Pressemitteilung des
Vergleichsportals vom 25. August. Er sei somit binnen eines Jahres um 5,7 Prozent
gestiegen. In den vergangenen zehn Jahren sei der Strompreis um ein Viertel
gestiegen. Seit der Jahrtausendwende habe er sich sogar mehr als verdoppelt.
Der starke Strompreisanstieg sei insgesamt vor allem auf stetig steigende Steuern, Abgaben und Umlagen zurückzuführen. Als Hauptgrund für den aktuellen Strompreisanstieg nennt Verivox allerdings nicht die staatlichen Belastungen, sondern die Entwicklung bei den Großhandelspreisen, die im Jahresverlauf deutlich anstiegen. Während der mengengewichtete Durchschnittspreis an der Strombörse EEX im Januar 2021 noch bei 45,29 Euro je Megawattstunde gelegen habe, seien es im Juli schon 50,81 Euro gewesen. Damit seien die Kosten der Versorger seit Anfang des Jahres um 12 Prozent gestiegen.
Hinzu kämen noch zwei andere Faktoren: Die Preise, die Kraftwerksbetreiber für Verschmutzungsrechte zahlen müssen, stiegen seit Jahresbeginn um rund 60 Prozent. Darüber hinaus belasten höhere Brennstoffkosten die Großhandelspreise. Dieser Anstieg werde nach und nach an die Verbraucher weitergegeben.
Zu diesen Verivox-Angaben muss allerdings angemerkt werden, dass sie auf zwei hauseigenen Indexen beruhen, die Veränderungen zwar tendenziell richtig erfassen, aber bei absoluten Zahlen nicht mit anderen Erfassungsmethoden übereinstimmen: So lag laut dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur der durchschnittliche Strompreis für Haushaltskunden schon zum Stichtag 1. April 2019 bei 30,85 Cent pro Kilowattstunde (191114). Er war also schon damals höher als der von Verivox jetzt ermittelte Wert von 30,4 Cent und dürfte inzwischen um die 33 Cent liegen. Auch der "mengengewichtete Durchschnittspreis an der Strombörse EEX" beruht auf einer hauseigenen Verivox-Berechnungsgrundlage, die möglicherweise die realen Einkaufskosten der Stromlieferanten besser widerspiegelt, aber nicht mit dem "Phelix" verwechselt werden darf, der von der Strombörse seit bald zwanzig Jahren als monatlicher Durchschnittspreis im vortägigen Handel am Spotmarkt ermittelt wird und üblicherweise als Richtschnur gilt. Zum Beispiel stieg der "Phelix base" (24 Stunden) von Januar bis Juli von 52,81 Euro pro Megawattstunde auf 81,37 Euro, und der "Phelix peak" (Stunden 9 bis 20) von 63.25 auf 88.35 Euro. Er war also in beiden Fällen absolut und prozentual deutlich höher als die von Verivox genannten Werte.
Die Gaspreise für private Haushalte haben im August ein Fünf-Jahres-Hoch erreicht. Nach den Berechnungen von Verivox, die wie beim Strom die Preise der regionalen Grundversorger und der wichtigsten überregionalen Gasanbieter berücksichtigen, war Gas zuletzt im Januar 2016 so teuer wie jetzt. Die Gaskosten für einen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) liegen demnach im Bundesdurchschnitt aktuell bei 1.258 Euro. Zum Jahresbeginn waren es noch 1.162 Euro. Das entspricht einem Anstieg von über 8 Prozent.
Als Hauptgrund für den Aufwärtstrend nennt Verivox auch hier – wie beim Strom – die gestiegenen Großhandelspreise. Wegen der niedrigen Stände der Gasspeicher in Deutschland (210804) und einer weltweit steigende Gasnachfrage hätten sich die Spotmarktpreise für Gas im Laufe des Jahres mehr als verdoppelt. Dieser Anstieg wirke sich nun auch auf die Gaspreise für die privaten Verbraucher aus.
Für August, September und Oktober haben aktuell bereits 31 regionale Gasversorger Preiserhöhungen von durchschnittlich 9 Prozent angekündigt. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh (Einfamilienhaus) entspricht das Mehrkosten von 128 Euro jährlich. Zum Jahreswechsel steigt auch der CO2-Preis für fossile Brennstoffe von 25 auf 30 Euro pro Tonne, was viele Gasversorger direkt an ihre Kunden weitergeben dürften. Verivox erwartet deshalb im Herbst einen nochmaligen Preisanstieg.