März 2021

210308

ENERGIE-CHRONIK


 


Verlauf der HGÜ-Verbindung zwischen Griechenland und Israel gemäß einer Darstellung der EU-Kommission aus dem Jahr 2015

Türkei will über HGÜ-Kabel von Griechenland nach Israel mitbestimmen

Das Regime in Ankara versucht weiterhin, die Ausschließliche Wirtschaftszone der Türkei im Mittelmeer über das völkerrechtlich zulässige Maß hinaus auszudehnen, um die dortigen Gasvorkommen ausbeuten zu können. Inzwischen will der Quasi-Diktator Erdogan aus diesem Grund sogar ein Projekt blockieren, das seit Jahren auf der EU-Liste der "Projects of Common Interest" (PCI) steht: Den Bau einer Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ), die von Griechenland über Kreta und Zypern nach Israel führt. Der Anlaß war, dass die drei Energieminister Zyperns, Israels und Griechenlands am 8. März in Nikosia eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit bei diesem Projekt unterzeichneten. Die türkische Regierung forderte daraufhin die drei Staaten auf, weitere Schritte zur Verwirklichung des Seekabels ohne ihre Zustimmung zu unterlassen.

Die Türkei macht geltend, dass die vorgesehene Trasse ihren Kontinentalsockel und damit ihre Hoheitsgewässer berühre. Schon die Erkundungsarbeiten dürften deshalb nach internationalem Recht nur mit ihrer Zustimmung durchgeführt werden. Ebenso müsse sie über Verlegearbeiten vorab informiert werden. Anscheinend trat Erdogan damit die Flucht nach vorn an, da Ende März auf einem EU-Gipfel über weitere Sanktionen beraten werden sollte, falls er im Streit mit den EU-Staaten Griechenland und Zypern weiterhin auf Konfrontation setzt. Bemerkenswert ist in diesem Fall auch, dass die Türkei seit 2015 selber am kontinentaleuropäische Verbundnetz hängt, dessen Ausbau dieses Seekabel dienen würde. Allerdings ist sie nicht Mitglied des Dachverbands der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E).

Die 1518 Kilometer lange Leitung könnte 2000 Megawatt übertragen

Der "EuroAsia Interconnector" wäre mit einer Gesamtlänge von 1518 Kilometer eine der weltweit längsten Unterwasserleitungen (329 Kilometer zwischen Zypern und Israel, 879 Kilometer zwischen Zypern und Kreta und 310 Kilometer zwischen Kreta und Athen). Er besteht aus einem 400-kV-Gleichstrom-Unterwasserkabel, das eine Leistung von 2000 Megawatt übertragen kann. Hinzu kommen die erforderlichen Installationen zu seiner Verbindung mit dem zypriotischen, israelischen und griechischen Übertragungsnetz.

Kreta wird über separates Gleichstromkabel mit Griechenland verbunden

Das Projekt soll vor allem das EU-Mitglied Zypern an das europäische Stromnetz anbinden und Israel die Möglichkeit zum Export von Strom eröffnen, den es mittels der Gasvorkommen vor seiner Küste oder mit Solaranlagen erzeugt. Obwohl die 2000-MW-Leitung auch über Kreta führt, scheint sie für die Stromversorgung dieser griechischen Insel nicht relevant zu sein, da zu deren Anbindung an das kontinentale Stromnetz ein Konsortium unter Führung von Siemens im Juni vorigen Jahres den Auftrag zur Verlegung eines separaten Gleichstromkabels mit einer Kapazität von 1000 Megawatt erhalten hat.

 

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