Januar 2021 |
210111 |
ENERGIE-CHRONIK |
Mit zwei Prozessen gegen den Wohnungskonzern Vonovia haben die Stadtwerke Iserlohn klarstellen lassen, dass dieser seinen Mietern weder die Stromlieferanten noch die Betreiber der Messeinrichtungen für den Stromverbrauch vorschreiben darf. Der bei Verbraucherschützern berüchtigte Konzern hatte versucht, die diesbezügliche Rechtslage durch entsprechende Formulierungen in den Mietverträgen auszuhebeln. Wie die Stadtwerke am 12. Januar mitteilten, wurde es dem Wohnungskonzern jetzt auch untersagt, den Wechsel des Stromanbieters, den er zunächst unauffällig im sonstigen Text der Mietverträge untergebracht hatte, ersatzweise als Option anzubieten, die erst ausdrücklich angekreuzt werden muss.
Zum ersten Prozess kam es, nachdem sich im Kundenzentrum der Stadtwerke Iserlohn wiederholt Mieter gemeldet hatten, die nicht verstehen konnten, weshalb sie plötzlich von der Vonovia beliefert wurden. Sie hatten schließlich nur einen Mietvertrag mit der Vonovia-Tochter GAGFAH GmbH unterschrieben. Zumindest glaubten sie das. Tatsächlich enthielten die Mietverträge aber eine Klausel, derzufolge sie mit der Unterzeichnung zugleich die Vonovia Energie Service GmbH mit der Strombelieferung der Wohnung beauftragt hatten.
Die Stadtwerke klagten deshalb gegen die Vonovia Energie Service GmbH und zwei weitere Gesellschaften des Konzerns, worauf diese den Rückzug antraten. Am 27. Dezember 2019 erließ das Landgericht Hagen ein entsprechendes Anerkenntnisurteil: Bis zum 31. Januar 2020 musste die Vonovia Energie Service GmbH allen Kunden mit derartigen Klauseln in ihren Mietverträgen mitteilen, dass diese als ungültig zu betrachten sind.
Der Wohnungskonzern versuchte es nun aber mit einem anderen faulen Trick, indem er den Wechsel des Stromanbieters nicht mehr zwischen sonstigen Inhalten versteckte, sondern in den Mietverträgen als ankreuzbare Option anbot. Die Stadtwerke klagten deshalb erneut, und am 10. November 2020 wurde die GAGFAH GmbH vom Landgericht Hagen verurteilt, auch die Klausel mit Ankreuzmöglichkeit in ihren Mietverträgen nicht mehr zu verwenden.
Ferner erklärte das Gericht eine ebenfalls im Mietvertrag enthaltene Klausel für unwirksam, mit der die Mieter die ihnen zustehende Auswahl des Strom-Messdienstleister auf die GAGFAH übertragen. Nach der seit Jahresanfang geltenden Regelung in § 6 des Messstellenbetriebsgesetzes wäre ein solches Verlangen nur dann zulässig, wenn die Vonovia-Tocher den Strom-Messstellenbetrieb für sämtliche Mieter einer Liegenschaft mit mindestens einem zusätzlichen Messstellenbetrieb der Sparten Gas, Fernwärme oder Heizwärme bündeln würde. Dies war hier aber nicht der Fall. Zudem war die unzulässige Verzichtserklärung auch noch mit unzulässigen Auflagen versehen worden: Die Mieter sollten die Rückübertragung des Auswahlrechts nur schriftlich und mit einer Frist von zwei Jahren zum Quartalsende verlangen dürfen. Ferner sollten sie nachweisen, dass ihre Auswahl einen fachgerechten und gegenüber der Auswahl der Vermieterin kostengünstigeren Messstellenbetreiber ermögliche.
Schließlich untersagte das Landgericht der Vonovia auch, von den Kunden
Vorauszahlungen für die Stromversorgung zu verlangen, obwohl in ihrer "AGB
Stromlieferung" lediglich von Abschlagszahlungen die Rede ist. Erneut
wurde das Unternehmen dazu verpflichtet, alle betroffenen Mieter bis zum
30. Januar 2021 über die Ungültigkeit der entsprechenden Klauseln zu
informieren.