Januar 2021 |
210109 |
ENERGIE-CHRONIK |
Im ersten Halbjahr 2020 beeinflusste die Corona-Pandemie den Stromverbrauch viel ausgeprägter als im zweiten, obwohl die zweite Welle weitaus mehr Infektionen, Todesfälle und Einschränkungen des Alltagslebens zur Folge hatte. |
Besonders verheerend wirkte sich das Covid-19-Virus auf das EEG-Konto aus. Die EEG-Umlage liegt deshalb inzwischen auf der Intensivstation und muss mit elf Milliarden Euro Staatszuschuss künstlich beatmet werden. |
Trotz des enormen Anstiegs der Corona-Infektionen und der dadurch verschärften Einschränkungen des öffentlichen Lebens blieb der deutsche Stromverbrauch in der zweiten Jahreshälfte 2020 insgesamt so hoch wie im Vorjahr. In den letzten vier Monaten war er sogar etwas größer. Dies ergibt sich aus den neuesten – teilweise nachträglich etwas revidierten – Angaben der Übertragungsnetzbetreiber zur Netzlast in den vergangenen zwölf Monaten (siehe Grafik 1). Dagegen ging der Stromverbrauch in der ersten Jahreshälfte um 4,4 Prozent zurück. Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle, die im Vergleich mit der nachfolgenden wesentlich harmloser verlief, betrug der Rückgang in den Monaten April bis Juli sogar fast zehn Prozent. Am höchsten war er im April mit 14,6 Prozent. In den anderen Staaten der Europäischen Union ergaben sich als Folge der Pandemie ähnliche Minderungen des Stromverbrauchs gegenüber dem Vorjahr (siehe Grafik 3).
Der Hauptgrund für diese ungleichmäßige Auswirkung der beiden Corona-Wellen auf den Stromverbrauch dürfte sein, dass der größte Teil des Stromverbrauchs auf die Industrie entfällt. Im Jahr 2019 waren das 47,5 Prozent. An zweiter und dritter Stelle folgten Gewerbe, Handel, Dienstleistungen mit 27,4 Prozent und die Haushalte mit 24,6 Prozent. Die Industrie wurde aber von der ersten Corona-Welle deutlich stärker betroffen als von der zweiten. Das unterschiedliche Ausmaß der Produktionseinschränkungen lässt sich auch an der Zahl der Kurzarbeiter ablesen, die im April auf über sechs Millionen hochschnellte, dann aber bis Oktober kontinuierlich auf etwa 1,8 Millionen zurückging, um ab November wieder anzusteigen. Zugleich könnte die Verlagerung zahlreicher Arbeitsplätze ins "Home Office", die es in diesem Ausmaß noch nie gegeben hat, zu einem Anstieg des Haushaltsstromverbrauchs geführt haben.
Geradezu verheerende Auswirkungen hatte und hat die Corona-Pandemie auf die EEG-Umlage. Das liegt daran, dass diese keineswegs nur die Kosten der EEG-Förderung widerspiegelt und auf die Verbraucher umlegt, sondern in vertrackter Weise an die Spotmarktpreise für Strom gekoppelt wurde (siehe Hintergrund, Oktober 2020). Diese Großhandelspreise fielen aber infolge der Corona-Krise so tief in den Keller, dass im April 2020 der Durchschnittspreis für eine Kilowattstunde nur noch 1,7 Cent betrug. Auf dem bisher prall gefüllten EEG-Konto entstand so ein riesiges Loch, das im November mit 4,43 Milliarden Euro seinen vorläufigen Höchststand erreichte und seitdem nur wegen der üblichen saisonalen Erholung des Kontostands ein bisschen kleiner wurde (siehe Grafik 2).
Eigentlich hätte die Umlage deshalb in diesem Jahr von 6,756 auf 9,65
Cent pro Kilowattstunde steigen müssen. Dadurch wäre die Stromrechnung
eines Durchschnittshaushalts um über hundert Euro jährlich höher
geworden. Und zwar ohne vernünftigen Grund. Da aber im Herbst auch Bundestagswahlen
sind, erbarmte sich die Politik (die den Schlamassel mit der Börsenkopplung
auch verschuldet hat) und spendierte elf Milliarden Euro, damit die Umlage auf
6,50 Cent heruntersubventioniert werden kann (201001).
In den 27 EU-Staaten sank die Stromnachfrage 2020 um insgesamt vier Prozent und erreichte im April ihren Tiefpunkt, um sich dann bis zum Beginn des Winters wieder auf das Niveau des Vorjahres zu erholen. Noch stärkere Rückgänge als in Deutschland (-14,6 %) gab es dabei in Italien (-21%), Frankreich (-19%) und Spanien (-17%). Die obige Übersicht entstammt der Studie "The European Power Sector in 2020", die am 25. Januar von Agora Energiewende und der britischen Klimaschutzorganisation Ember veröffentlicht wurde (210108). |
zum Stromverbrauch
zur EEG-Umlage