November 2020 |
201102 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Bundestag hat am 5. November die Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) beschlossen. Er strich dabei jedoch die "zweite Gebotskomponente", die in der ursprünglichen Fassung der Gesetzesvorlage vorgesehen war, die das Bundeskabinett Anfang Juni beschloss (200605). Eine entsprechende Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses mit dieser und anderen Änderungen wurde mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition gegen die der AfD-Fraktion bei Stimmenthaltung von FDP, Linke und Grünen angenommen. Am 27. November stimmte auch der Bundesrat der Novellierung zu.
Die "zweite Gebotskomponente" wäre zur Anwendung gekommen, wenn für dieselbe Windpark-Fläche mehrere Gebote mit null Cent Förderanspruch pro Kilowattstunde vorliegen. Den Zuschlag hätte dann bekommen, wer anstelle des geringsten Förderanspruchs die höchste Zuzahlung bietet. Stattdessen erhält nun – wie schon bisher – jener Bieter den Zuschlag, der ganz auf die EEG-Förderung verzichtet. Die fünf Paragraphen, die das "dynamische Gebotsverfahren" regeln sollten, wurden ersatzlos gestrichen. Bei den nun anstehenden Ausschreibungen für Windparks in der Nord- und Ostsee werden deshalb den Bietern zumindest vorläufig keine Zuzahlungen abverlangt, wenn die Gebotswerte auf Null sinken.
Neu ist allerdings, dass gemäß § 23 das Los entscheidet, wenn es mehrere solcher Null-Angebote für dieselbe Windpark-Fläche gibt. Bei den beiden ersten Ausschreibungen trat diese Konfliktsituation noch nicht auf, weil die Null-Gebote auf jeweils unterschiedliche Projekte entfielen, die bereits genehmigt oder weit fortgeschritten waren. Bei den rein wettbewerblichen Ausschreibungen, die ab 2021 stattfinden, ist dagegen durchaus mit mehreren Null-Geboten für dieselben Flächen zu rechnen. Schon bei der ersten Ausschreibung für Windparks vor der deutschen Küste kamen drei von vier Projekten ganz ohne Förderprämie aus (170401). Und auch bei der zweiten hat zumindest einer der sechs erfolgreichen Bieter auf die Förderung komplett verzichtet (180413). Insofern war es naheliegend, bei der Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) künftig auch Zuzahlungen anstelle von Förderprämien vorzusehen. Die Verlosung ist freilich eher eine Verlegenheitslösung.
Mit der vorläufigen Streichung der "zweiten Gebotskomponente" berücksichtigte die schwarz-rote Koalition die Einwände, die seitens der Offshore-Branche und auch von den Ministerpräsidenten der fünf Küstenländer erhoben wurden (200605). Die Kritiker hatten ersatzweise die Einführung von sogenannten Differenzverträgen gefordert. Dabei würde eine gleitende Marktprämie auch Negativpreise am Spotmarkt ausgleichen und so das Risiko der Investoren mindern, zugleich aber Erlöse über dem vereinbarten Festpreis ausschließen. Dieser Vorschlag wurde in der Beschlussempfehlung nicht aufgegriffen. Der neu gefasste § 23a sieht lediglich eine spätere Evaluierung des jetzt eingeführten Losverfahrens vor: "Die Bundesregierung prüft im Jahr 2022, ob gesetzlicher Anpassungsbedarf besteht, um mehrere Gebotswerte von 0 Cent pro Kilowattstunde für dieselbe ausgeschriebene Fläche differenzieren zu können. Darüber hinaus beobachtet die Bundesregierung die Ausschreibungsmodelle für Windenergie auf See in anderen europäischen Ländern, um möglichen Anpassungsbedarf identifizieren zu können."
Die in § 22 vorgesehenen Höchstwerte für Offshore-Windstrom-Ausschreibungen betragen 7,3 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2021, 6,4 Cent im Jahr 2022 und 6,2 Cent ab 2023.