August 2020 |
200802 |
ENERGIE-CHRONIK |
In Deutschland ist der RWE-Konzern auf dem Erneuerbaren-Sektor weiterhin ein Nachzügler. In den USA und Großbritannien verfügt er über ungleich größere Kapazitäten. Auch von den Projekten, die er jetzt von Nordex übernimmt, wird er kein einziges in Deutschland realisieren. Stattdessen wird er damit in Frankreich, wo er bisher nur ein bißchen Wasserkraft besitzt, sein Windkraft-Portefeuille um 1900 MW aufstocken. Das sind dann 200 MW mehr als die 1701 MW, mit denen auf dieser Grafik die Leistung sämtlicher RWE-Windkraftanlagen an Land und auf See in Deutschland zu beziffern wäre. Quelle: www.rwe-production-data.com/list
(22.8.2020)
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Der RWE-Konzern gab am 31. Juli bekannt, dass er dem Windkraftanlagen-Hersteller Nordex rund 400 Millionen Euro für die Überlassung von Projekten zahlen will, die Nordex bisher in eigener Regie geplant hat. Damit verbunden ist die Übernahme von mehr als 70 Beschäftigten, die bisher in diesem Bereich tätig sind. Es handelt sich um Windkraft-Projekte mit einer Nennleistung von insgesamt 2,6 Gigawatt (GW), wobei der größte Teil mit 1,9 GW auf Frankreich entfällt. Der Rest sind Anlagen in Spanien, Schweden und Polen. Hinzu kommt ein kleiner Anteil Solarkapazität im Umfang von 0,1 GW. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt einer Genehmigung für ausländische Investitionen in Frankreich und des dort üblichen Prozesses zur Einbindung der Beschäftigten.
Der größte deutsche Stromerzeuger baut damit den Anteil der Erneuerbaren an seinem Geschäft weiter aus. Auf seinen inländischen Strom-Mix wirkt sich das aber nur geringfügig und im aktuellen Fall sogar überhaupt nicht aus. Noch im November vergangenen Jahres entfielen nach RWE-Angaben von den insgesamt 4660 MW Windkraftleistung an Land, über die der Konzern weltweit verfügte, gerade einmal 38 MW auf Deutschland, was weniger als ein Prozent war. Auf dem ersten Platz rangierten die USA mit fast achtzig Prozent (3690 MW). Mit großem Abstand folgten RWE-Anlagen in Italien (385 MW), Großbritannien (281 MW), Polen (143 MW) und Schweden (124 MW). Etwas besser sah es bei der Offshore-Erzeugung aus. Aber auch hier entfiel die installierte Gesamtleistung von 2479 MW mit 1483 MW größtenteils auf Großbritannien, während Deutschland mit einer halb so großen Kapazität (740 MW) auf dem zweiten Platz lag, gefolgt von Dänemark (207 MW) und Schweden (48 MW). Inzwischen nennt der Konzern auf seiner Transparenz-Seite höhere Zahlen für die Windkraft an Land und auf See in Deutschland (siehe Grafik). Am Mißverhältnis zu seinen ungleich größeren Erneuerbare-Investitionen im Ausland – vor allem in den USA und Großbritannien – hat sich aber nichts wesentliches geändert.
Die Nordex SE litt trotz guter Auftragslage schon seit längerem unter Finanzbedarf (191014). Wie sie am 13. August mitteilte, konnte sie im ersten Halbjahr 2020 ihren Umsatz mit 2,05 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppeln. Zugleich sei aber das Geschäftsergebnis (EBITDA) wegen der Corona-Pandemie mit 70 Millionen Euro in die roten Zahlen gerutscht. Schon im Mai habe sie deshalb beim Bund sowie den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg Bürgschaften in Höhe von 350 Millionen Euro beantragt und auch bewilligt bekommen. Die meisten der rund 6880 Beschäftigten des Unternehmens arbeiten in diesen beiden Bundesländern. Nach Bekanntwerden des Handels mit RWE zog der Kurs der Nordex-Aktie um mehr als zwanzig Prozent an.
Wie der RWE-Konzern am 18. August mitteilte, hat er an diesem Tag eine Kapitalerhöhung um rund zwei Milliarden Euro erfolgreich durchgeführt, indem er neue Aktien zum Preis von 32,55 Euro je Stück ausschließlich institutionellen Anlegern anbot und binnen weniger Stunden verkaufte. Die Ausgabe der rund 61,5 Millionen neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien erfolgte gegen Bareinlagen und unter Ausschluss des Bezugsrechts. Das Grundkapital der RWE AG erhöhte sich dadurch um zehn Prozent. Der Erlös soll vor allem dem zusätzlichen, kurzfristigen Ausbau des Portfolios an Erneuerberen Energien dienen, einschließlich des jetzt vereinbarten Geschäfts mit Nordex.
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