Juni 2020 |
200616 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Electricité de France (EDF) hat in der Nacht vom 29. zum 30. Juni auch den zweiten Reaktor im Kernkraftwerk Fessenheim endgültig abgeschaltet. Der andere der beiden Druckwasserreaktoren, die 1977 ans Netz gingen, wurde bereits am 22. Februar heruntergefahren. Das älteste Kernkraftwerk Frankreichs ist damit nach 43 Betriebsjahren komplett stillgelegt. Bis 2040 soll es restlos beseitigt werden. Als erste Maßnahme ist der Abtransport der Brennelemente bis 2023 vorgesehen.
Um die Stilllegung der beiden Reaktoren mit einer Leistung von jeweils 880 MW gab es jahrelange Auseinandersetzungen (170408). Sie befinden sich am Rheinseitenkanal, auf der elsässischen Seite des Oberrheins, nur etwa 25 Kilometer von Colmar, Mulhouse und Freiburg entfernt. Aufgrund diverser Pannen sind sie wiederholt grenzüberschreitend in die Kritik geraten (160315, 150415). Schon 2012 hatte der damalige Präsident Francois Hollande die Abschaltung bis Ende 2016 zugesagt (120913). Aber erst im September vorigen Jahres erklärte sich die EDF definitiv zur Stilllegung bereit, nachdem sie eine bis ins Jahr 2041 reichende Entschädigungsregelung aushandeln konnte (190914).
Kurz vor dem planmäßigen Ende seiner Laufzeit wurde der zweite Reaktor am 26. Juni automatisch heruntergefahren. Ursache war ein Blitz, der ins Übertragungsnetz einschlug und damit die Schutzmechanismen des Kernkraftwerks auslöste. Der Vorfall habe keinerlei Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit, die Umwelt oder die Sicherheit des Personals gehabt, versicherte die EDF, die den Reaktor fünf Stunden später wieder ans Netz brachte, um die noch verbleibenden zwei Tage bis zur endgültigen Abschaltung voll für die Stromproduktion ausschöpfen zu können.
Einschließlich Fessenheim betrieb die EDF bisher insgesamt 57 Druckwasserreaktoren. Ein weiterer Druckwasserreaktor am Standort Chooz (Ardennen) wurde 1991 stillgelegt und befindet sich im Rückbau. Wie die EDF am 12. Juni mitteilte, hat sie der Behörde für nukleare Sicherheit (ASN) einen aktualisierten Aktionsplan übermittelt, wie die beiden Fessenheimer Reaktoren auf Grundlage der in Chooz gesammelten Erfahrungen beseitigt werden können. In Chooz habe sich gezeigt, dass dies bei einem Druckwasserreaktor innerhalb von fünfzehn Jahren nach Genehmigung des Rückbaus möglich sei. Für Fessenheim wird diese Genehmigung innerhalb von fünf Jahren erwartet. Daraus ergibt sich dann das Jahr 2040 als voraussichtlicher Termin für die völlige Beseitigung des Kernkraftwerks.
Bei den anderen stillgelegten französischen Kernkraftwerken handelt es sich um acht gasgekühlte Graphit-Reaktoren aus den Anfängen der Atomstromerzeugung, um den Schnellen Brüter "Superphénix" und dessen Vorgänger in Creys-Malville sowie den Schwerwasser-Reaktor Brennilis in der Bretagne, der 1985 stillgelegt wurde. In Brennilis ist die EDF derzeit ebenfalls mit dem Rückbau beschäftigt.