Juni 2020

200612

ENERGIE-CHRONIK


Neue Belohnung für Aufklärung des Anschlags auf Innogy-Finanzvorstand

Die Innogy SE hat erneut eine Belohnung für die Aufklärung des Säure-Anschlags auf ihren Finanzvorstand Bernhard Günther ausgesetzt, der am 4. März 2018 von zwei unbekannten Männern überfallen und schwer verletzt wurde (180314). "Bei diesem hinterhältigen Anschlag handelt es sich mutmaßlich um eine Auftragstat", hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens vom 9. Juni. Von der nun ausgesetzten Belohnung bis zu 100.000 Euro erhoffe man sich Hinweise, die "zur Ergreifung der Tatausführenden, zur Ermittlung möglicher Mittelsmänner und insbesondere zur Überführung der Auftraggeber des Anschlags führen".

Hinweise aus dem Rotlicht-Milieu führten vorläufig nicht weiter


Die Plakate mit der neuen Belohnung richten sich vor allem an das Rotlicht-Milieu der Städte Köln und Düsseldorf (Vergrößern).

Der Energiekonzern hatte bereits im November 2018 eine Belohnung von bis zu 80.000 Euro für Hinweise zur Aufklärung des Verbrechens versprochen. Er reagierte damit auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Wuppertal, die Ermittlungen einzustellen, weil sie ergebnislos verlaufen seien (180915). Daraufhin gingen tatsächlich neue Hinweise ein, die zur Festnahme eines 32-jährigen Mannes aus dem Rotlicht-Milieu und zur Wiederaufnahme der Ermittlungen führten (191011). Der Mann ist weiter verdächtig, wurde aber schon nach wenigen Wochen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen, weil das Landgericht Wuppertal einen dringenden Tatverdacht nicht hinreichend begründet sah. Unklar bleibt, ob die damals ausgelobte Belohnung ganz oder teilweise ausgezahlt wurde und um welche Hinweise es sich dabei gehandelt haben könnte.

"Die erste Auslobung hat uns interessante Hinweise gebracht", sagte Bernhard Günther in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (20.6.). "Wir haben eine sehr plausible Hypothesen-Kette. Vor Gericht würde die aber wohl nicht bestehen. Es geht uns jetzt nicht mehr nur um weitere Hinweise, wir brauchen jetzt vorrangig Beweise." Und die hoffe man nun durch gezielte Plazierung der neuen Belohnung in dem einschlägigen Milieu zu gewinnen, das der Organisierten Kriminalität nahestehe.

Günther vermutet Zusammenhang mit der Krise bei Innogy nach dem Rauswurf von Peter Terium

Er habe schon sehr früh den Verdacht gehabt, dass die Tat mit seiner beruflichen Situation zu tun habe, sagte Günther weiter. Innogy habe sich Anfang 2018 in einer sehr schwierigen Lage befunden, nachdem der Vorstandschef Peter Terium Ende 2017 "Knall auf Fall vor die Tür gesetzt worden war" (171203). Es habe ein Machtvakuum und jede Menge Gerüchte um die Neubesetzung des Vorstandsvorsitzes und um einen möglichen Verkauf von Innogy gegeben. "Vielleicht dachte da jemand: Wenn man den Günther ausschaltet, dann könnte das für einen selbst interessante Optionen eröffnen. Da ist Säure ein cleveres Instrument."

Auf Nachfrage erläuterte Günther diese Bemerkung so: "Natürlich können Sie jemanden ausschalten, indem Sie ihn umbringen. Dann ziehen Sie aber das ganz große Kino an Ermittlungsmöglichkeiten auf sich. Mit Säure können Sie jemanden für einen Vorstandsposten untauglich machen, liegen strafrechtlich aber unterhalb von Mord und Totschlag."

"Die Schnittmenge an möglichen Auftraggebern ist sehr, sehr übersichtlich"

Günther geht davon aus, dass es sich um denselben Auftraggeber handelt, der schon 2012 einen ähnlichen Überfall veranlasste, bei dem er von zwei Männern beim Joggen zusammengeschlagen wurde. Damals war er noch Geschäftsführer und Finanzvorstand der RWE Supply & Trading, aber bereits als neuer RWE-Finanzvorstand nominiert. "Ein guter Freund aus dem Unternehmen hat mir nach dem Säureanschlag gesagt: Du glaubst ja wohl nicht, dass es Zufall ist, zweimal in dem Örtchen Haan sonntagmorgens beim Joggen überfallen zu werden."

"Die Schnittmenge an möglichen Auftraggebern ist sehr, sehr übersichtlich", erklärte Günther weiter. Er wisse schon, wo er klingeln würde, um den vermuteten Auftraggeber mit seinem Verdacht zu konfrontieren. Aber wahrscheinlich würde diese Person dann nicht antworten: "Jetzt, wo Du es sagst, kann ich es zugeben, ruf bitte die Polizei, dann brauche ich es nicht zweimal zu Protokoll geben."

 

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