Dezember 2017 |
171203 |
ENERGIE-CHRONIK |
Da waren's nur noch fünf: Zur bildlichen Vorstellung des verkleinerten Vorstands verwendete Innogy offensichtlich ein vierzehn Monate älteres Foto, auf dem der bisherige Vorstandsvorsitzende Peter Terium einfach ausgeblendet wurde. In der ursprünglichen Fassung zeigte das Foto v.l.n.r. die Innogy-Vorstände Hans Bünting (Erneuerbare Energien), Hildegard Müller (Netz und Infrastruktur), Peter Terium (Vorsitzender), Bernhard Günther (Finanzen), Martin Herrmann (Vertrieb) und Uwe Tigges (Personal). Fotos(2): Innogy
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Der Aufsichtsrat der Innogy SE gab am 19. Dezember überraschend die Entlassung des Vorstandsvorsitzenden Peter Terium bekannt, der das Unternehmen seit Anbeginn leitete (160312) und zuvor fünf Jahre lang Vorstandsvorsitzender des RWE-Konzerns war (110807). Wie es in einer Pressemitteilung hieß, wird Terium "das Unternehmen im freundschaftlichen Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat mit sofortiger Wirkung verlassen". Über die Nachfolge werde der Aufsichtsrat zu gegebener Zeit entscheiden. Bis dahin übernehme der Personalvorstand Uwe Tigges den Vorstandsvorsitz.
Weiter hieß es in der Mitteilung: "Der Aufsichtsrat begrüßt grundsätzlich die vom Vorstand verfolgte Unternehmens- und Finanzstrategie, sieht aber die Notwendigkeit eines höheren Stellenwertes der Kostendisziplin und einer fokussierten Wachstums- und Investitionsstrategie." Der Vorstand des RWE-Konzerns, der mit 76,8 Prozent die Mehrheit an Innogy hält, gab dazu am folgenden Tag eine eigene Erklärung ab, mit der er diesen Satz ausdrücklich unterstützte. Zugleich betonte er, daß Innogy weiterhin "als reine Finanzbeteiligung der RWE ihr operatives Geschäft selbständig steuert", was nach dem Rauswurf Teriums allerdings nicht mehr so überzeugend klingen dürfte.
Aktueller Anlaß für Teriums Entlassung war eine Gewinnwarnung, die Innogy am 13. Dezember veröffentlichte: Demnach verringert sich 2017 das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), das bisher mit 4,4 Milliarden Euro prognostiziert wurde, auf 4,3 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verringert sich dadurch von 2,9 Millionen Euro auf nur noch rund 2,8 Millionen Euro. Außerdem rechnete Terium für das Geschäftsjahr 2018 mit einer weiteren Verringerung des Ebits auf rund 2,7 Milliarden Euro.
Als Ursache für die Abstriche nannte der Bericht die deutlich gesteigerten Ausgaben für zukunftsträchtige Geschäftsfelder wie Digitalisierung, Elektromobilität, erneuerbare Energien und Breitband. Hinzu kämen die anhaltenden Probleme mit der britischen Tochter Npower. Deren Ergebnisse würden im Laufe des Jahres 2018 voraussichtlich als "nicht fortgeführte Aktivität" gesondert ausgewiesen, anstatt das bereinigte Ebit des Konzerns zu belasten. Innogy hat nämlich am 8. November mit dem britischen Versorger SSE vereinbart, das Vertriebsgeschäft von Npower in ein Gemeinschaftsunternehmen einzubringen, an dem Innogy mit 34,4 Prozent nur noch minderheitlich beteiligt sein wird.
Auf die Gewinnwarnung vom 13. Dezember reagierte die Börse ungewöhnlich heftig: Binnen zwei Tagen stürzte die Innogy-Aktie von zuletzt 39,36 Euro auf 32,20 Euro. Dann blieb sie vorerst auf diesem Niveau. Daran änderte auch Teriums Entlassung am 19. Dezember nichts. |
Die rund 100 Millionen Euro Abstriche am Ebit hätten für sich wohl kaum Teriums Entlassung bewirkt. Hinzu kam jedoch, daß die Innogy-Aktie nach Bekanntgabe der Gewinnwarnung von 39,36 Euro auf 32,20 Euro abstürzte (siehe Grafik) und den Kurs des Großaktionärs RWE mit sich zog. Die Aktie landete nun fast wieder auf dem Niveau, auf das sie vor einem Jahr abgesunken war, nachdem sie zunächst einen vielversprechenden Börsenstart hingelegt hatte (161002). Es folgte eine monatelange Phase des Schwächelns (161111, 170306). Erst in der zweiten Hälfte dieses Jahres zog der Kurs wieder deutlich an und erreichte am 8. November mit 42,31 Euro seinen bisherigen Höchststand.
Die heftige Reaktion der Kapitalanleger scheint wiederum den Innogy-Aufsichtsrat so verschreckt zu haben, daß er den durchaus nicht erfolglosen Terium – der auch als RWE-Chef im Vergleich mit seinem Vorgänger Jürgen Großmann sicher die bessere Wahl war – kurzerhand abberief. Am Börsenkurs änderte das freilich kaum etwas.