September 2019

190912

ENERGIE-CHRONIK


Kretinsky kommt bei "Le Monde" vorerst nicht zum Zug

Im Streit mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky, dem der Energiekonzern EPH gehört, hat die Redaktion der französischen Tageszeitung "Le Monde" einen Etappensieg errungen: Am 23. September räumten die beiden Hauptaktionäre der Beteiligungsgesellschaft "Le Nouveau Monde", in die sich Kretinsky eingekauft hat und über die er weitere Anteile an der Zeitung zu erlangen versucht, der Redaktion und deren Unterstützern ein Art "Billigungsrecht" ein. Dieses "droit d'agrément" setzt bei größeren Kapitalveränderungen die vorherige Zustimmung der auf journalistische Unabhängigkeit bedachten Gegenseite voraus. Es handelt sich allerdings um kein absolutes Vetorecht: Wenn die Redaktion binnen eines halben Jahres keinen anderen Käufer findet, der die zum Verkauf anstehenden Kapitalanteile zu einem angemessenen Preis übernimmt, kommt der Abgelehnte dennoch zum Zuge.

Kretinsky ließ sich den Einstieg in die Beteiligungsgesellschaft "Le Nouveau Monde" 57 Millionen Euro kosten, wofür er außerdem eine jederzeit ausübbare Option auf die restlichen 51 Prozent bekommen haben soll. Zusammen mit einer 20-Prozent-Beteiligung des spanischen Medienkonzerns Prisa, die zum Verkauf ansteht, hätte er so knapp 47 Prozent an der Mehrheitsgesellschafterin "Le Monde Libre" erlangen können und wäre dicht an der kapitalmäßigen Beherrschung des Blattes gewesen – mit allen Folgen für die Redaktion und die politische Ausrichtung des bislang linksliberalen Blattes.

Der tschechische Milliardär empfahl sich der französischen Regierung als Nothelfer für die EDF

Im vergangenen Jahr hat der von Kretinsky kontrollierte tschechische Medienkonzern CMI bereits eine Reihe französischer Printmedien aufgekauft (181007). Im Juli dieses Jahres übernahm sein EPH-Konzern jene fossil befeuerten französischen Kraftwerke, die nicht der Electricité de France (EDF) gehören (190705). Im September erwarb eine ihm gehörende Gesellschaft 4,63 Prozent am börsennotierten Einzelhandelsunternehmen Casino, das in Frankreich über 9.000 Läden betreibt und dem unter anderem die Discounter-Kette "Monoprix" und die "Géant"-Supermärkte gehören. Zuvor war er im August mit dem Versuch gescheitert, in Deutschland beim Handelskonzern "Metro" die Mehrheit zu erlangen.

Laut "Le Monde" (4.9.) hat Kretinsky schon 2016 ein Auge auf die französische Energiewirtschaft geworfen: Er sei damals sogar im französischen Wirtschaftsministerium vorstellig geworden und habe sich als Nothelfer für die EDF empfohlen, die in großen finanziellen Schwierigkeiten steckte (160405). Als Gegenleistung habe er einen Sitz im Verwaltungsrat oder eine andere führende Position verlangt.

 

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