Oktober 2018 |
181007 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky, dessen EPH-Konzern in ganz Europa systematisch Kohlekraftwerke kauft und auf ein Scheitern der Energiewende spekuliert, baut seine Medienmacht und damit seinen politischen Einfluss weiter aus. Bisher kontrollierte er schon den größten tschechischen Medienkonzern Czech Media Invest (CMI), der 2013 die Besitzstände des deutsch-schweizerischen Gemeinschaftunternehmens Ringier Axel Springer Media AG in Tschechien, Polen, Serbien, Ungarn und der Slowakei übernommen hat. In diesem Frühjahr erwarb CMI außerdem große Teile des französischen Medienkonzerns Lagardère, die aus Sicht des bisherigen Eigentümers nicht mehr rentabel genug waren. Neben etlichen Printmedien gehören dazu mehrere Sender in Mittel- und Osteuropa. Zeitgleich erwarb der bisher in Frankreich unbekannte tschechische Medienkonzern das Polit-Magazin "Marianne", das in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Im Oktober folgte jetzt der Einstieg beim Flaggschiff der französischen Presse, der linksliberalen Tageszeitung "Le Monde". Diesen vollzog Kretinsky sogar persönlich, indem er einem Bankier, der 26,66 Prozent an der Verlagsgesellschaft des "Monde" besitzt, 49 Prozent seiner Beteiligungsgesellschaft abkaufte.
Den Akquisitionen im Medienbereich liegt offenbar wie denen im Energiesektor das Konzept zugrunde, möglichst billig solche Unternehmen einzukaufen, die für die bisherigen Eigentümer nicht mehr sonderlich attraktiv oder sogar verlustträchtig geworden sind. Medialer Einfluss ist für den EPH-Konzern sehr wichtig, um politische Weichenstellungen zu erreichen, ohne die sein energiewirtschaftliches Kalkül nicht aufgehen kann. Dass "Le Monde" oder "Marianne" bisher eher als links eingeordnet werden, schadet dabei nicht, sondern erhöht den Synergieeffekt, sofern die Einflußnahme auf die Redaktion nicht gleich mit dem Holzhammer erfolgt. Von einer Machtstellung wie bei "Marianne", wo sofort eine neue Redaktionsleitung eingesetzt wurde, ist Kretinsky bei "Le Monde" zwar noch weit entfernt. Wegen der chronischen Finanznöte des Blattes, die schon 2010 zum Verlust der mehrheitlichen Mitarbeiter-Beteiligung führten, sind weitere Veränderungen im Eigentümerkreis aber durchaus vorstellbar.
Rätsel geben dagegen die unpolitischen Printmedien auf, die CMI vom Lagardère-Konzern übernommen hat. Zum Beispiel die bekannte Frauenzeitschrift "Elle" oder die der Regenbogenpresse zuzurechnenden Magazine "Ici Paris", "Public" und "France Dimanche". Das Traditionsblatt "Elle" befindet sich im Niedergang und hat 2017 weitere 6,7 Prozent an Verkaufsauflage eingebüßt. Die Erlöse der Klatsch-Magazine sind allein im vorigen Jahr um gut elf Prozent eingebrochen. Die Verkaufsauflage der Programmzeitschrift "Télé 7 Jours" ist ebenfalls stark rückläufig. Vermutlich dient deshalb der Erwerb dieser Medien weder Gewinnabsichten noch politischer Einflussnahme. Es dürfte sich eher um eine Art Verhandlungsmasse beim weiteren Ausbau von Kretinskys Medienimperium handeln. In Deutschland sind noch keine entsprechenden Beteiligungen bekannt geworden. Im August begann Kretinsky jedoch mit dem Einstieg als Großaktionär der Metro-Gruppe.
Im April 2016 überließ der schwedische Vattenfall-Konzern der tschechischen EPH das gesamte Braunkohlegeschäft, das er 2001 mit dem Kauf des ostdeutschen Verbundnetzbetreibers VEAG und dessen Braunkohlelieferanten Laubag erworben hatte (010506). EPH bekam die 13 Kraftwerksblöcke und fünf Tagebaue quasi geschenkt und überdies noch ein Aufgeld (160401). Die Vattenfall Europe Generation AG heißt seitdem Lausitz Energie Kraftwerke AG, und aus der Vattenfall Europe Mining AG wurde die Lausitz Energie Bergbau AG. Beide Unternehmen verfügen über einen gemeinsamen Vorstand. Nach außen treten sie unter dem gemeinsamen Etikett LEAG auf, das aber nicht der Kürzel für eine entsprechende Holding ist, sondern lediglich ein Kunstname (161010). Gratis oder zu Schnäppchenpreisen erwarb EPH außerdem das zweite ostdeutsche Braunkohlerevier mit der Mibrag (130907), das Braunkohle-Kraftwerk Buschhaus (161009) und das Steinkohle-Kaftwerk Mehrum (171001).