Dezember 2018 |
181210 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Bundesnetzagentur hat zum ersten Mal den sogenannten Generellen Sektoralen Produktivitätsfaktor für Betreiber von Stromnetzen festgelegt (abgekürzt GSP oder auch Xgen). Gemäß § 9 der Anreizregulierungsverordnung korrigiert dieser Faktor bei der Bestimmung der Erlösobergrenzen die Abweichung des netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt. Für die beiden ersten Regulierungsperioden wurde er in der Verordnung mit jährlich 1,25 Prozent bzw. 1,5 Prozent bestimmt. Ab der dritten Regulierungsperiode, die am 1. Januar 2019 beginnt und wiederum fünf Jahre dauert, ist er dagegen von der Bundesnetzagentur zu ermitteln, und zwar "nach Maßgabe von Methoden, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen". Die Behörde hat sich nun dieser Mühe unterzogen und den GSP für die nächsten fünf Jahre mit 0,9 Prozent ermittelt. Die betroffenen Branchenverbände reagierten darauf mit scharfer Kritik, wobei sie je nach ihrer spezifischen Interessenlage den Wert als überhöht oder zu niedrig bezeichneten (generell wirkt sich ein niedrigerer GSP erhöhend auf die Erlösobergrenze des Netzbetreibers aus). Sämtliche Einwände sind allerdings nicht neu. Sie wurden bereits im Rahmen des Konsultationsverfahrens vorgetragen, bei dem 306 Unternehmen und sechs Verbände ihre Stellungnahmen abgaben.
"Mit der Festlegung des Wertes auf 0,9 Prozent setzt die Bundesnetzagentur die Verteilnetzbetreiber unter hohen Druck und trifft sie und deren kommunale Eigentümer wirtschaftlich hart", beklagte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Angesichts der bevorstehenden Aufgaben zum Um- und Ausbau der Stromverteilnetze sei das kontraproduktiv. Nach zwei Regulierungsperioden habe der GSP seine Berechtigung verloren.
"Dieser Wert ist völlig inakzeptabel", erklärte auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Es sei "logisch nicht zu erklären", weshalb die Behörde für Stromnetze einen fast doppelt so hoher Wert festgelegt habe wie die für die Gasnetze, deren dritte Regulierungsperiode bereits 2018 begann und für die ein GSP von 0,49 Prozent ermittelt wurde. Es sei an der Zeit, "entweder eine plausible und konsistente Berechnung sicherzustellen oder den Produktivitätsfaktor ganz abzuschaffen". Das derzeitige Verfahren sei "nicht handhabbar und führt zu willkürlichen Ergebnissen". Es sei deshalb nachvollziehbar, dass viele Netzbetreiber diese Festlegung gerichtlich überprüfen lassen werden.
Aus Sicht des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne) ist der Wert dagegen sehr gering. "Der aktuelle Klagechor, der nun bejammert, Xgen sei unglaublich hoch, ist nicht zu verstehen", erklärte der bne-Geschäftsführer Robert Busch. "Im Vorfeld zur Xgen-Festlegung hat die Bundesnetzagentur den Xgen in einem aufwendigen und transparenten Verfahren berechnet. Das Ergebnis war eine Bandbreite mit plausiblen Werten am Anfang und am Ende der Skala. Zum Vorteil der Netzbetreiber nutzt die Bundesnetzagentur nicht nur den unteren Wert, sondern hat diesen jetzt zusätzlich, zu Gunsten der Netzbetreiber, pauschal gesenkt. Das ist ein doppeltes Weihnachtsgeschenk auf Kosten der Energieverbraucher."
Nach § 3 der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) dauern die Regulierungsperioden jeweils fünf Jahre. Für Gasnetze wurde jedoch die erste Regulierungsperiode durch § 34 Abs. 1a auf vier Jahre verkürzt. Beginn und Ende der Regulierungsperioden für Strom- und Gasnetze verschieben sich seitdem jeweils um ein Jahr.