Juli 2018 |
180701 |
ENERGIE-CHRONIK |
Eine weitere wichtige Vereinbarung, die bei den deutsch-chinesischen Konsultationen zustande kam, betrifft die Kooperation beim "automatisierten Fahren", das für Benzin- wie für Elektroautos revolutionäre Perspektiven eröffnet. Die bereits bestehende Zusammenarbeit in diesem Bereich wurde vertieft und um weitere drei Jahre verlängert. Das Foto zeigt den Daimler-Forschungsvorstand Ola Källenius (rechts) und Prof. Li Meng vom Tsinghua-Daimler Joint Research Center, die das Abkommen im Beisein der Bundeskanzlerin und des chinesischen Regierungschefs Li Keqiang unterzeichnen. Foto: Bundesregierung/Denzel |
Der chinesische Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology Ltd. (CATL) wird in Thüringen sein erstes Werk außerhalb Chinas errichten. Dies sieht eine von 22 Kooperationsvereinbarungen vor, die am 9. Juli in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des chinesischen Regierungschefs Li Keqiang im Bundeskanzleramt unterschrieben wurden. CATL ist der weltweit größte Hersteller von Batterien im Autobereich. Das geplante Werk im Industriegebiet am Autobahnkreuz bei Erfurt soll bis 2021 fertiggestellt sein und dann Batterien für Elektroautos herstellen, wobei die Gesamtkapazität der jährlichen Produktion bis zu 14 Gigawattstunden beträgt.
Der deutsche Automobilkonzern BMW hat mit dem chinesischen Unternehmen bereits einen Liefervertrag im Umfang von vier Milliarden Euro geschlossen, um künftig seine Elektroautos mit den CATL-Batterien auszurüsten. Davon entfallen 1,5 Milliarden auf Lieferungen aus dem neuen Werk bei Erfurt. Zum Beispiel wird damit das Elektromodell "iNext" ausgerüstet, das BMW ab 2021 auf den Markt bringen will. Das Elektromodell i3, das derzeit die BMW-Verkäufe in diesem Bereich anführt (180102), wird dagegen weiter mit Batterien des koreanischen Samsung-Konzerns fahren.
Der Thüringer Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (rechts) und CATL-Chef Robin Zeng bei der Unterzeichnung der Projektvereinbarung über die Batteriefabrik im Bundeskanzleramt. "Für Thüringen ist es die bedeutendste Industrieinvestition der letzten zehn Jahre", erklärte Tiefensee. Foto: LR Thüringen
|
"Ich muß einfach zur Kenntnis nehmen, dass es im Augenblick keine Investitionen gibt, die wir industriegetrieben für Batteriezellen in Europa machen können, die von europäischen Firmen initiiert sind", sagte die Bundeskanzlerin bei einer Pressekonferenz nach der Unterzeichnung der Kooperationsverträge. "Wenn wir es selber könnten, wäre ich auch nicht traurig, aber es ist nun einmal so."
In der Tat hat die deutsche und europäische Automobilindustrie bisher bei der Entwicklung von Elektroautos insoweit versagt, als sie der ausreichenden Stromversorgung für längere Strecken nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenkte. Sie vernachlässigte damit das wichtigste und im Grunde einzige Problem, das den unschlagbaren Vorteilen des elektrischen Antriebs bei Fahrzeugen entgegensteht und seinen Siegeszug bisher verhindert hat. Zudem haben sich die Hersteller fast ausschließlich auf Akkumulatoren konzentriert, anstatt die Stromerzeugung aus Wasserstoff mittels Brennstoffzellen voranzutreiben, die das Problem der mobilen Stromversorgung prinzipiell besser zu lösen vermag (siehe Hintergrund, September 2009).
Die Herstellung von Batterien ist aber – ähnlich wie die Produktion von Solarmodulen aus Silizium – vor allem ein Massengeschäft, bei dem die Konkurrenzfähigkeit weniger vom technischen Können als von wirtschaftlichen Faktoren abhängt. Dazu gehören beispielsweise die Beschaffungskosten für Lithium und Kobalt, die als seltene Rohstoffe für den derzeit leistungsfähigsten Akkumulator-Typ benötigt werden. Auch Arbeitskosten oder staatliche Subventionen spielen eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund werden heute neun von zehn Elektroautos mit Batterien chinesischer, japanischer oder koreanischer Hersteller angetrieben.
Angesichts des wirtschaftlichen Vorsprungs der fernöstlichen Hersteller hat der Bosch-Konzern im Februar dieses Jahres wissen lassen, dass er seine Pläne zur Entwicklung einer neuen Generation von Lithium-Ionen-Akkus und sogenannter Feststoff-Batterien nicht weiter verfolgen will. Zur Begründung hieß es, dass zwanzig Milliarden Euro investiert werden müssten, um mit einem technisch überlegenen Produkt einen Marktanteil von zwanzig Prozent zu erringen. Ob diese Rechnung stimmt, mag zweifelhaft sein. Offensichtlich steckt den Bosch-Verantwortlichen aber noch immer der Milliardenverlust in den Knochen, den sie vor zehn Jahren mit dem verspäteten Einstieg in die bereits abflauende Solarzellen-Konjunktur in Deutschland erlitten haben (130305). Auch der einstige "Sonnenkönig" Frank Asbeck konnte sich gegen die Billig-Konkurrenz aus China letztendlich nicht mehr behaupten, obwohl er für die Fortführung der Solar-Fabrik, die Bosch im thüringischen Arnstadt errichtet hat, keinen Euro bezahlen musste, sondern sogar ein Aufgeld bekommen haben soll (siehe 180316 und Hintergrund, Mai 2017).
Vor drei Jahren vereinbarten insgesamt zehn Partner aus der Fahrzeugbranche und Forschung das Projekt "HV-ModAL", um bis Ende 2017 leistungsfähigere Antriebslösungen entwickeln und so die Stellung der deutschen Automobilindustrie bei der Herstellung und beim Absatz von Elektroautos zu stärken (150614). Zu den acht Partnern gehörte Bosch. Nach anfänglichen Fanfarenklängen hat man davon aber nichts mehr gehört, und es ist anzunehmen, dass die vom Bundesforschungsministerium gewährte Finanzhilfe ebensowenig gebracht hat wie die sonstige Subventionspraxis, mit der bisher das Elektroauto in Fahrt gebracht werden sollte.
Zum Beispiel findet die von Bundesregierung und Industrie gemeinsam ausgelobte Förderprämie für Elektroautos weiterhin wenig Resonanz. Laut der dritten Zwischenbilanz, die das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) am 2. Juli veröffentlichte, waren bis dahin insgesamt 66.029 Förderanträge eingegangen. Davon entfielen 38.146 auf reine Elektrofahrzeuge, 27.866 auf Hybridfahrzeuge mit Auflademöglichkeit aus dem Netz und 17 auf Brennstoffzellenfahrzeuge. In den eineinhalb Jahren seit Einführung der Prämie wurde damit nur etwas mehr als Zehntel des auf 600 Millionen Euro begrenzten Förder-Anteils aus Steuergeldern in Anspruch genommen. Die Laufzeit des Angebots endet am 30. Juni nächsten Jahres. (Siehe auch Hintergrund, Januar 2018, und Hintergrund, April 2016)
Bemerkenswert ist immerhin, dass gegenüber der zuletzt ermittelten Reihenfolge (180102) nun BMW mit 12.555 Förderanträgen wieder die Nase vorn hatte, gefolgt von Volkswagen (10.816), smart (8.179), Renault (7.844), Audi (5.753) und Mercedes-Benz (3.182). Die neueste Bafa-Liste der förderfähigen Fahrzeuge enthält übrigens wieder den "Tesla S", der zunächst gestrichen worden war, weil das angebotene "Basismodell" die vorgeschriebene Preisgrenze von maximal 60.000 Euro nur scheinbar einhielt, in Wirklichkeit aber den zusätzlichen Erwerb eines teuren "Komfort-Pakets" voraussetzte. Tesla musste zusagen, künftig auf den faulen Trick zu verzichten. Kaufverträge vor dem 6. März 2018 werden vom Bafa weiterhin nicht anerkannt. Dennoch erhaltene Förderprämien müssen zurückgezahlt werden. Tesla will das allerdings nicht akzeptieren, hat Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt erhoben und den betroffenen Kunden eine Entschädigung für die nicht gezahlte Förderprämie versprochen.
Eher im Schneckentempo scheint auch die "Europäische Batterie-Allianz" (EBA) voranzukommen, die im Oktober 2017 vom slowakischen EU-Kommissar Maros Sefkovic aus der Taufe gehoben wurde, der als Vizepräsident der Kommission für die "Energieunion" zuständig ist (141008). Die Batterieproduktion sei ein "strategischer Imperativ für eine saubere Energiewende und die Wettbewerbsfähigkeit des Automobilsektors", hieß es zur Begründung. Das unmittelbare Ziel sei "die Schaffung einer wettbewerbsfähigen Wertschöpfungskette für die Herstellung in Europa mit nachhaltigen Batteriezellen als Kernstück". Zur Deckung des EU-Bedarfs seien mindestens 10 bis 20 "Gigafactories" notwendig.
Als die Kommission am 17. Mai dieses Jahres ihr "drittes und letztes Maßnahmenbündel zur Modernisierung des europäischen Verkehrssystems" vorschlug, war darin von einem "strategischen Aktionsplan" zu Verwirklichung dieser Batterie-Allianz die Rede. Wer tiefer bohrte, stieß aber bestenfalls auf Zweckoptimismus: "Die European Battery Alliance kommt schnell voran", hieß es in dem erwähnten Aktionsplan. "Seit ihrem Start im Oktober 2017 gibt es bereits greifbare Entwicklungen mit den Ankündigungen von Industriekonsortien oder Partnerschaften zur Entwicklung der Batteriezellenfertigung und der damit verbundenen Ökosysteme." Anders gesagt: Außer Ankündigungen und unverbindlichen Willensbekundungen gibt es bisher nichts. Das paßt aber durchaus zur allgemeinen Marschroute der Kommission, die erklärtermaßen davon ausgeht, daß noch im Jahr 2030 mehr als 80 Prozent der Neuwagen einen Verbrennungsmotor haben werden (171110).