Mai 2018 |
180505 |
ENERGIE-CHRONIK |
Ein kommunalpolitischer Klüngel aus SPD, CDU und Grünen hat in Köln versucht, bei der Stadtwerke-Holding einen an sich überflüssigen Geschäftsführer-Posten einzurichten, der mit bis zu 500.000 Euro dotiert ist. Zugleich sollte dieser Posten ohne Ausschreibung dem bisherigen SPD-Fraktionsvorsitzenden im Kölner Stadtrat, Martin Börschel, zugeschanzt werden, der sein Ratsmandat aufgeben will. Das Vorhaben scheiterte jedoch an der Berichterstattung der Medien, der Intervention der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und nicht zuletzt an der Empörung, mit der zahlreiche Mitglieder von Grünen, CDU und SPD auf den Nepotismus und die Selbstbedienungsmentalität ihrer Parteioberen reagierten (siehe auch Hintergrund: "Ein bißchen Köln ist überall").
Die personalpolitische Absprache erfolgte im "Ständigen Ausschuss" des Aufsichtsrats der Stadtwerke Köln (SWH) und ohne Wissen der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), die Mitglied des Aufsichtsrats ist. Publik wurde sie erst am 17. April, als der Ständige Ausschuss wissen ließ, daß er Börschels Berufung in der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats genehmigen lassen wolle. Die Oberbürgermeisterin stoppte jedoch das ganze Verfahren. Anstatt die Personalie durchzuwinken, beschloss der Aufsichtsrat am 30. April, die Notwendigkeit eines hauptamtlichen Holding-Geschäftsführers erst einmal durch einen externen Gutachter prüfen zu lassen.
Die Stadtwerke Köln GmbH ist eine Holding, unter deren Dach die Stadt Köln ihre kommunalen Versorgungs- und Wirtschaftsbetriebe sowie Beteiligungen an anderen Unternehmen angesiedelt hat. Dazu gehört vor allem die GEW Köln AG, die ihrerseits als Holding für die RheinEnergie AG fungiert, die zu 80 Prozent der Stadt und zu zwanzig Prozent RWE gehört. Ferner hält die GEW Köln die städtischen Beteiligungen am Telekommunikationsdienstleister NetCologne GmbH (100 Prozent), am Heizkosten-Ableser Brunata-Metrona GmbH (100 Prozent), an den Stadtwerken Düsseldorf (20 Prozent) oder an der Mannheimer MVV Energie (16,3 Prozent). Die Stadtwerke-Holding ist selber nicht operativ tätig. Mit ihren 120 Beschäftigten – das ist knapp ein Prozent der 12.430 Angestellten im gesamten Konzernbereich - erbringt sie lediglich zentrale Dienstleistungen. Ihre Geschäftsführung wird deshalb bisher nebenamtlich von Managern der nachgeordneten Unternehmen besorgt.
Der Kommunalpolitiker Börschel muss indessen nicht darben, wenn er sich nun aus dem Stadtrat zurückzieht, ohne den Posten bei den Stadtwerken zu bekommen. Er sitzt nämlich zugleich im Düsseldorfer Landtag und ist dort stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion. Außerdem verfügt er über Einkünfte aus etlichen Nebentätigkeiten, die er aufgrund der neuerdings enger gefassten Transparenz-Vorschriften des nordrhein-westfälischen Landtags detailliert angeben muss. Seinen jüngsten Angaben zufolge bezog er von Juni bis Dezember 2017 allein für seine Aufsichtsrats-Nebentätigkeiten bei den Kölner Stadtwerken rund 17.500 Euro (als Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Köln GmbH und der GEW Köln AG sowie als Aufsichtsratsmitglied bei der RheinEnergie AG). Hinzu kamen über 30.000 Euro für die Nebentätigkeit als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse Köln-Bonn und als Mitglied in einem Beirat der Düsseldorfer NRW-Bank. Laut einem Steuerbescheid des Finanzamts Köln-Nord für das Jahr 2015 betrug sein zu versteuerndes Einkommen insgesamt 165.044 Euro.
Bei der letzten Oberbürgermeisterwahl am 18. Oktober 2015 hatte die parteilose Juristin Henriette Reker - die einen Tag vor der Wahl durch Messerstiche eines Rechtsextremisten schwer verletzt wurde - auch deshalb ihren Konkurrenten Jochen Ott von der SPD klar distanziert, weil sie von CDU, Grünen und FDP gemeinsam unterstützt und als Alternative zum sprichwörtlichen "Kölner Klüngel" empfohlen wurde. Umgekehrt warf ihr Börschel noch im Februar dieses Jahres vor, sie habe mit der Beförderung eines FDP-Mitglieds zum Leiter des städtischen Presseamts gegen ihr Versprechen verstoßen, mehr Sach- und weniger Parteipolitik zu machen. Dasselbe gelte für einen grünen Wahlkampfhelfer, dem sie zu einer hochdotierten Stelle verholfen habe.
Dass es zwischen den Repräsentanten von CDU, Grünen und SPD im Ständigen Ausschuss des Stadtwerke-Aufsichtsrats dennoch zur Vereinbarung über die prächtige Pfründe für den kommunalen SPD-Matador Börschel kommen konnte, gibt zu allerlei Vermutungen Anlass. Die wahrscheinlichste ist, dass der neue Geschäftsführer-Posten Bestandteil eines umfassenderen "Personaltableaus" war, mit dem sich CDU und Grüne die Zustimmung der SPD sowie der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu ihren eigenen Personalvorschlägen sicherten.